Beginnt im Schweizer Eishockey eine neue Ära in Sachen Spielerverträge?

Tristan Scherwey hat gestern seinen Vertrag beim SC Bern um sieben Jahre verlängert und wird nun voraussichtlich bis Ende Saison 2026/27 in Bern bleiben. Es ist einer der längsten Verträge im Schweizer Eishockey.

Dass Tristan Scherwey gestern seinen Vertrag in Bern verlängert hat, kommt wenig überraschend. Obwohl immer wieder Gerüchte um ein Interesse von Lausanne aufgekommen sind, welche sowieso bei jedem einigermassen grossen Namen ins Spiel gebracht werden, gibt es wenig Gründe für einen Abgang vom Titanen. Dort hat er seine Karriere ins Rollen gebracht und schon vier Meistertitel in die Luft strecken können (2010, 2013, 2016, 2017).

In Zukunft werden höchstwahrscheinlich noch weitere dazukommen. Wenn nicht in dieser Spielzeit, dann hat er noch ganze acht weitere Versuche. Scherwey hat seinen noch eineinhalb Jahre laufenden Vertrag nämlich um ganze sieben Jahre verlängert. Er wird somit bis zum Ende der Saison 2026/27 in der Hauptstadt bleiben. Es ist der längste Vertrag, den der SC Bern je mit einem Spieler unterzeichnet hat.

So ein Mehrjahresvertrag birgt einige Risiken

Das Überraschende bei der Vertragsverlängerung Scherweys ist sicherlich seine Länge. Sieben bzw. mit dem laufenden Vertrag acht Jahre sind ziemlich lang. Was geschieht, wenn sich der 27-Jährige in absehbarer Zeit eine schlimmere Verletzung zuzieht und nie mehr an sein momentanes Niveau rankommt? Der Vertrag läuft trotzdem weiter - bis Ende 2026/27.

So oder so haben sich Bern und Scherwey auf einen Rentenvertrag geeinigt. Der Flügelstürmer wird bei Vertragsende 35 Jahre alt sein. Kann er bis dahin sein energieraubendes Spiel auf dem Eis durchziehen und sein Niveau halten? Es sind alles offene Fragen, die je länger ein Vertrag dauert, desto ungewisser sind. Nur eines ist klar: Tristan Scherwey wird, wenn er seine Ausstiegsklausel für die NHL im Sommer 2020 nicht benützt, noch mindestens acht Jahre in Bern bleiben.

Sind extrem lange Mehrjahresverträge die Zukunft?

Auch wenn Alex Chatelain in einem Interview mit SRF gesagt hat, dass Scherwey und somit sein langfristiger Vertrag ein Spezialfall sind, darf dies doch bezweifelt werden. Es steht ausser Frage, dass Scherwey eine einzigartige Persönlichkeit hat. Er ist ein Kämpfer und ein Vorbild auf und neben dem Feld und kann somit für die nächste Berner Generation ebenfalls extrem wichtig sein. Auch international hat sich Scherwey schon beweisen können und an der vergangenen WM mit der Schweiz WM-Silber geholt.

Tristan Scherwey ist in Bern nicht nur fürs Toreschiessen verantwortlich. (TOPpictures/Michael Walch)

n der NHL ist es Norm, dass Verträge über sieben, acht Jahre abgeschlossen werden. Das System in Übersee mit Salary Cap, NHL-Drafts und Spielerrechten kann aber auf keinen Fall mit demjenigen der Schweiz verglichen werden. Trotzdem steigen in der Schweiz die Tendenzen für längerfristige Verträge aber sicherlich an. Simon Moser hat vor zwei Jahren einen Fünfjahresvertrag unterschrieben (auch er ein Spezialfall). Joël Vermin wurde mit einem Fünfjahres-, Christoph Bertschy mit einem Vierjahresvertrag in die Schweiz gelockt. Noah Rod und Christian Marti haben in den vergangenen Monaten ihre Verträge vorzeitig um mehrere Jahre bis Ende Saison 2023/24 verlängert. Und von Leonardo Genoni (ebenfalls bis 2023/24) noch ganz abgesehen.

Es ist offensichtlich, dass diese langfristigen Bindungen an einen Klub mit dem Mangel an sehr guten Spielern und der hohen Nachfrage zusammenhängen. NHL-Rückkehrer wie Vermin und Bertschy sind in der Schweiz heiss umworben. Es kommt pro Jahr durchschnittlich jemand aus Amerika in die Schweiz zurück. Im kommenden Sommer wird es möglicherweise Vincent Praplan sein. Da man mittlerweile für die Anzahl Klubs, die einen Spieler sehr gut bezahlen können, nicht mehr nur eine Hand gebrauchen kann, wollen die Sportchefs ihre besten Schützlinge so lange wie möglich binden. Eigentlich ganz logisch, denn so ist das Sportgeschäft.

In Zukunft dürfen deshalb noch öfters solche langfristigen Verträge vorkommen. Vor allem dort, wo das Geld eine kleinere Rolle spielt und der Meisterpokal die Priorität Nummer 1 ist.