Die Schweizer Torhüter – Teil 2: Die Nr. 1 und ihre Backups in der National League

2022/23 hatten 8 Teams ausländische Torhüter unter Vertrag (3 davon nur temporär als Absicherung), und es könnte durchaus sein, dass nächste Saison weitere Mannschaften Imports auf dieser Position engagieren werden. Das bedeutet, über ein Drittel der Teams vertrauen nicht mehr Einheimischen zwischen den Pfosten. 

Alle aktuellen Ausländergoalies haben auch weiterführende Verträge bis mindestens Ende 2024 oder länger. Werfen wir also den Blick auf die Backups und eventuelle junge Talente, die einmal die Nachfolge antreten können, unter der Voraussetzung, sie erhalten Einsatzzeit und Verantwortung. Wer sind diese Ersatzleute und wie häufig spielten sie letzte Saison? 

SIHF U18 WM Basel/Ajoie (JustPictures)

HC Ajoie

Bei den Jurassiern präsentierte sich die Situation noch einigermassen ausgeglichen. Damiano Caccio wurde engagiert, um dem Marathonläufer Tim Wolf, er kam in der Saison 20/21 zu 44 Einsätzen und wurde danach für die Playoffs auch noch an Kloten ausgeliehen, zwischendurch Verschnaufpausen zu gönnen. Caccio entlastete Wolf in dieser Saison immerhin 26-mal und erhielt aufgrund seiner Leistungen auch eine Vertragsverlängerung.

Der 20-jährige Noah Patenaude wurde 2022 von den Saint John Sea Dogs aus der QMJHL (Quebec Major Hockey League) an Ambri-Piotta ausgeliehen und konnte dann auch 14-mal für die Ticino Rockets spielen. Der schweizerisch-kanadische Doppelbürger und U20 Nati- Torhüter erhielt Anfang dieses Jahres einen Dreijahresvertrag bei Ajoie und soll in dieser Zeit behutsam an die National League herangeführt werden.

HC Ambri-Piotta

Bei den Nordtessinern kam Benjamin Conz hinter der klaren Nr. 1, Janne Juvonen, zu 21 Einsätzen. Der 13-fache Internationale ist hier schon in seiner 6. Saison und der unumstrittene erste Backup.

Der 26-jährige Stefan Müller ist Österreicher mit Schweizer Lizenz. Er spielte auf diversen Juniorenstufen für das österreichische Nationalteam und kam auf 16 NL-Einsätze bei Ambri und Lugano sowie auf 117 Spiele in der Swiss League. Er verlässt die Tessiner allerdings auf die nächste Saison hin. Der 19-jährige U20 Nationaltorhüter Kilian Bernasconi wird auf die neue Saison zum EHC Arosa wechseln, wo er in der MyHockey League Spielpraxis sammeln kann.

SC Bern

Bei den Hauptstädtern sah die Rollenverteilung einseitiger aus. Die Hauptlast lag eindeutig auf dem 25-jährigen Philip Wüthrich, der 44-mal eine Partie begann, während dem seine Vertretung Daniel Manzato, der noch einen Vertrag bis 2024 hat, nur gerade 10-mal zwischen den Pfosten stand.

Der Dritte im Bunde, der 21-jährige Andri Henauer stammt aus dem eigenen Nachwuchs und wurde die letzten 3 Saisons an Langenthal, La Chaux-de-Fonds, Winterthur und den EHC Basel in der Swiss League ausgeliehen. Er bestritt insgesamt 64 Spiele und brachte mit einer Save Percentage von guten 0.935 die Basler in ihrer ersten SL Saison in die Playoffs.

Als zusätzliche Absicherung wurde im Februar der 33-jährige Finne Tomi Karhunen geholt, dies bereits zum zweiten Mal nach einem Engagement in den Jahren 2019 bis 2021. Er wurde soeben wieder aus Bern verabschiedet. Es wäre durchaus möglich, dass der SC Bern mit seinen Ansprüchen doch noch auf einen ausländischen Torwart setzen wird. Das würde die Konkurrenzsituation für Philip Wüthrich und Daniel Manzato definitiv verschärfen.

EHC Biel

Auch bei Biel war der Import Torhüter Harri Säteri bei 35 Spielen gesetzt. Und weil sein Backup Joren van Pottelberghe 10 Monate verletzt ausfiel, musste «Oldie» Simon Rytz, der eben zurückgetreten ist, 14-mal antreten. Der 25-jährige van Pottelberghe gab aber im Januar ein erfolgreiches Comeback bei 10 Spielen, davon bestritt er 4 Playoff-Partien mit einer ausgezeichneten Schussstatistik von 0.931. Der Vertrag des ehemaligen Viert-Runden Drafts der Detroit Red Wings, dem man auch eine Rolle in der Nationalmannschaft zutraut, endet 2024.

Elien Paupe, der 27-Jährige aus der Juniorenabteilung des HC Ajoie, der insgesamt schon 38 Spiele für Biel in der NL bestritt, hatte zuletzt einen Vertrag bei Langenthal bis 2023 und muss sich daher einen neuen Verein suchen.

HC Davos

Nationaltorhüter Sandro Aeschlimann bestritt als unbestrittene Nr. 1 in der Qualifikation 36 Spiele und stand auch 5-mal in den Playoffs zwischen den Pfosten, obwohl die Bündner mit Gilles Senn einen veritablen Ersatz haben. Auch letzterer spielte regelmässig für das Nationalteam und wurde eben auch für die WM-Vorbereitung aufgeboten. Der ehemalige NHL Draft (2017 von den New Jersey Devils) spielte zwei Saisons in Nordamerika, davon 2-mal in der NHL und 44 Spiele in der AHL, und kehrte 2021 wieder zu Davos zurück. Sein Vertrag dauert noch bis 2024.

Der ehemalige Genfer Junior Mathieu Croce, der bei Davos U20 spielt, wurde zwischendurch an die Ticino Rockets ausgeliehen und konnte in insgesamt 23 Spielen schon etwas Swiss League-Luft atmen. Er kam zu 15 Einsätzen auf allen Juniorenstufen der U16 bis U20 Nationalmannschaft, darunter auch an der Weltmeisterschaft 2022. Allerdings endet sein Vertrag und er wird nächste Saison bei Hermes in der zweithöchsten finnischen Liga spielen.

HC Fribourg-Gottéron

Aufgrund des fast dreimonatigen Ausfalls von Reto Berra kam der 26-jährige Backup Connor Hughes zum Einsatz und nutzte diese Chance so ausgezeichnet, dass ihn Lausanne auf nächste Saison hin verpflichtete. Der schweizerisch-kanadische Doppelbürger bewies mit ausserordentlichen Leistungen, dass er definitiv zum Stammkeeper taugt und wurde zwischenzeitlich auch von Patrick Fischer für die Nati aufgeboten.

Der 20-jährige Loic Galley, ein Gottéron-Junior, absolvierte sogar schon 3 NL Einsätze, wurde jetzt aber an den HC Thurgau ausgeliehen, nachdem er schon in der vergangenen Saison 16 SL-Spiele mit Winterthur bestritten hatte. Sein Vertrag mit Fribourg wurde im letzten Jahr um ein Jahr verlängert, mit der Option auf ein Weiteres.

Zusätzlich wurde vom HC Thurgau der 22-jährige Bryan Rüegger, der für die Ostschweizer bis jetzt 73 SL-Partien spielte, mit einem Einjahresvertrag geholt. Einer dieser beiden könnte in Zukunft den abgewanderten Connor Hughes ersetzen.

Genève-Servette

Der 2022 von Davos abgeschobene Robert Mayer überzeugte in Genf, vor allem in den Playoffs, mit einer Fangquote von 0.933, wo er nach drei Spielen im Viertelfinal gegen Lugano den bisherigen Nr.1, Gauthier Descloux, ersetzte. Diese Beiden werden auch in der nächsten Saison ein starkes und gleichwertiges Torhüterduo bilden. Mayers Vertrag läuft bis 2024 und Descloux bis 2026.

Der Dritte im Bunde ist der 18-jährige Antoine Keller, der in diesem Jahr auch 5 Spiele für den HSV Martigny bestritt. Mit diesem Team spielte er auch die letzte Playoff-Partie gegen Thun und konnte somit den MyHockey League Pokal feiern. Bleibt zu hoffen, dass der französische Junioren-Internationale nächste Saison zu weiteren Einsätzen kommt, entweder in der MyHL oder idealerweise in der Swiss League.

EHC Kloten

Hinter dem finnischen Nationaltorhüter und langjährigen KHL Goalie Juha Metsola kam sein Backup Sandro Zurkirchen in dieser Saison nur noch zu 19 Einsätzen. Das wird sich auch nächste Saison nicht ändern, der Nordländer war ein wichtiger Baustein für das positive Abschneiden der Flughafenstädter in ihrer ersten NL-Saison.

Niels Riesen, der zweimal für Kloten in der SL auflief, ansonsten aber bei den U20 eingesetzt wird, wurde letzten Oktober an den EHC Winterthur ausgeliehen, wo er 7-mal spielte, bevor er durch eine Verletzung für den Rest der Saison ausfiel.

Timo Johner, der 18-jährige Kloten U20 Goalie, kam im Februar unverhofft zu einem Kurzeinsatz von 4:36 in der National League im Spiel gegen Biel. Er wird aber weiterhin bei den Junioren das Tor hüten.

HC Langnau

Luca Boltshauser, die Nr. 1, stand bei 36 Quali-Spielen im Tor und steigerte seine Fangquote zum richtigen Zeitpunkt in der Relegationsrunde gegen Ajoie auf beeindruckende 0.951. Für die restlichen 18 Spiele kam Backup Stéphane Charlin zum Einsatz und erreichte eine Fangquote von 0.909. Da der 22-jährige Junior aus Genf, der auch auf allen Juniorenstufen für die Nationalmannschaft das Tor hütete, eine Leihgabe von Genève-Servette ist, verpflichteten die Emmentaler vom Februar bis Saisonende den 37-jährigen Schweden David Rautio als weitere Absicherung. Er kam auf einen einzigen Teileinsatz. In der Zwischenzeit wurde Stéphane Charlin aber definitiv bis 2024 verpflichtet. Damit können die Tigers auch die nächste Saison auf das Duo Boltshauser und Charlin setzen.

Damian Stettler, der zweite Backup, der diese Saison schon 22 Spiele beim SC Langenthal auf Leihbasis spielte, unterschrieb nun einen 1-Jahres-Vertrag mit Winterthur, wo er früher schon einige Spiele absolvierte.

Lausanne HC

Tobias Stephan, die ehemalige Nr. 1 bei Lausanne und mehrfache Nati-Torhüter, bestritt infolge diverser Verletzungen nur 7 Spiele und beendete nun seine glanzvolle Karriere.

Ivars Punnenovs, seines Zeichens lettischer Nationaltorhüter mit der Erfahrung von 29 Länderspielen, besitzt auch die Schweizer Lizenz und stand 34-mal im Tor der Waadtländer. Er spielte zuvor 7 Jahre für die SCL Tigers. Es ist damit zu rechnen, dass der von Fribourg abgeworbene Connor Hughes Punnenovs als Nr. 1 ablösen wird (siehe Abschnitt über Fribourg-Gottéron).

Aufgrund der langfristigen Verletzung von Stephan holte Lausanne als weitere Absicherung den finnischen Keeper Eetu Laurikainen, der seit 2017 in der finnischen Liiga spielte. Er stand in der letzten Phase der Qualifikation 14-mal zwischen den Pfosten, wird den Club aber wieder verlassen.

Viktor Östlund, der schon die zweite Saison an La Chaux-de-Fonds ausgeliehen wurde, erhielt nun definitiv einen Vertrag von den Neuenburgern für die nächsten 3 Jahre und wird Lausanne somit nicht mehr zur Verfügung stehen. Nach diesen beiden Abgängen könnten weitere Junioren in den Fokus treten:

Hugo Cervino, das 20-jährige Talent von La Chaux-de-Fonds, spielte schon 25-mal in der Swiss League, hat auch eine B-Lizenz für Lausanne.

Ewan Huet, der 18-jährige Sohn von Goalie-Legende Cristobal Huet, kam an der diesjährigen U18 WM zu mehreren Einsätzen für die Schweiz, wie auch schon in den früheren Jahrgängen, und wurde ebenfalls an Chaux-de-Fonds ausgeliehen.

Loris Uberti, 19 jähriger Goalie aus der U20 Organisation von Lausanne, hütete das Tor auch für die U16, U18 und U20 Nati und kam sogar auf einen Einsatz in der Champions League 21/22. 

IIHF U18 World Championship 2023, Goal-Against-Statistik der Top Torhüterl, auf der Ewan Huet den ausgezeichneten dritten Rang belegt. (Screenshot: iihf.com)

HC Lugano

Niklas Schlegel spielte seine dritte Saison in Lugano und kam in diesem Jahr hinter Mikko Koskinen auf 22 Einsätze, zuletzt am 21. Februar. Danach erhielt der finnische Riese, der zuvor 4 Saisons bei den Edmonton Oilers gespielt hat, den Vorzug. Schlegel, der vom ZSC Nachwuchs kam und eine Abwehrquote von 0.902 hatte, wurde nun mit einem Vertrag bis 2026 längerfristig an den Club gebunden.

Thibault Fatton, ein Spieler aus der Junioren-Organisation des HC La Chaux-de-Fonds, der letzten November an Zug ausgeliehen wurde, kam in den letzten 3 Jahren auf insgesamt 20 NL-Spiele. Der 21-jährige spielte auch in der U17 bis U20 Nationalmannschaften und wurde von den Südtessinern mit einem Vertrag bis 2025 ausgestattet.

Davide Fadani wurde derweil vom Kantonsrivalen Ambri mit einem Vertrag bis 2025 übernommen. Der 22-jährige Italiener mit CH-Lizenz durchlief alle Juniorenstufen des HC Lugano und wird seit drei Jahren auch regelmässig vom italienischen Nationalteam aufgeboten.

Rapperswil-Jona Lakers

Neben Hauptkeeper Melwin Nyffeler, der in 42 Spielen und 6 Playoff-Partien zwischen den Pfosten stand, wurde die Zusammenarbeit mit dem 22-jährigen Backup Robin Meyer vertraglich bis 2025 verlängert. Der Zuger Junior, der vergangene Saison 15-mal Nyffeler ersetzte und 2-mal an Olten ausgeliehen wurde, holte sich Wettkampferfahrung und Spielpraxis auch in der Swiss League bei der EVZ Academy, die 2022 leider aufgelöst wurde.

Die beiden Junioren Jari Stacher und Roby Mettler, beide 19-jährig, spielen zurzeit seit 2 resp. 3 Jahren in der U20-Organisation der Lakers.

ZSC Lions

In keinem anderen Team war es wohl schwieriger, neben dem statistisch besten Torhüter der Regular Season zu Einsätzen zu kommen. Simon Hrubec, tschechischer Nationalkeeper, der die Liga mit einer Fangquote von 0.927 anführte, kam von Avangard Omsk und spielte letzte Saison insgesamt 33-mal. Der 5 Jahre jüngere Ludovic Waeber, Junior von Gottéron, erhielt demgegenüber nur 19 Chancen, sich zu präsentieren und wurde in den Playoffs gar nie eingesetzt (ausser einem Kurzeinsatz von 1:15). Er verlässt die Lions Richtung NHL.

Jeffrey Meier, der einen Vertrag bis 2024 hat und normalerweise bei den GCK Lions spielt, wurde letzte Saison als Backup für Connor Hughes an Fribourg ausgeliehen. Er schaffte sogar 5 Einsätze in der National League, 2 für Zürich und 3 für Fribourg. Ob nach Waebers Abgang Meier jetzt die offizielle Nr. 2 wird, ist zurzeit noch nicht bekannt.

Für die Zukunft würden zwei weitere junge Keeper aus der Vereinigung der GCK Lions zur Verfügung stehen, Sascha Ruppelt, 22-jährig, und Robin Zumbühl, 24-jähriger schweizerisch-italienischer Doppelbürger. Letzterer wurde 2-mal in der NL eingesetzt und absolvierte schon 88 Spiele in der Swiss League.

EV Zug

Der 7-malige Meistergoalie Leonardo Genoni führte die Zuger wie erwartet fast alleine zwischen den Pfosten in die Playoff-Halbfinals. Der 35-jährige spielte 43 Partien in der Qualifikation und verbesserte seine Fangquote im entscheidenden Moment von 0.889 auf ausgezeichnete 0.934 in den Playoffs.

Sein Backup, Luca Hollenstein, kam in den letzten 4 Jahren auf maximal ein Dutzend Einsätze pro Saison, was bei seinem Talent fast an eine Verschwendung grenzt. Da die EVZ Academy nicht mehr existiert, kann er sich keine Ernstkampf-Praxis erarbeiten. Seine Herausforderung ist nicht die überragende Qualität und Konstanz von Genoni, sondern dessen Widerstands-/ und Regenerationsfähigkeit, und die Tatsache, dass er vor Verletzungen verschont blieb. Es muss allerdings auch erwähnt werden, dass Hollenstein im November selbst mehrere Wochen verletzt ausfiel.

Die Innerschweizer hätten weitere Talente aus der eigenen Juniorenabteilung: Der 18-jährige Alessio Brun spielt bei den U20, der 19-jährige Valentino Zaetta war in diesem Jahr ebenfalls bei der U20 im Einsatz, währenddem der erst 16-jährige Deutsch-Schweizer Christian Kirsch eben zwei Spiele an der U18 WM bestritt. Er wird ab der Saison 2026/2027 nach Nordamerika ziehen und in der NCAA Division 1 für die University of Massachusetts spielen. Soeben wurde aber bekannt gegeben, dass Kirsch als dritter Goalie neben Genoni und Hollenstein in die 1. Mannschaft berufen wurde.

Wird nun einer dieser Schweizer Junioren in die Fussstapfen von David Aebischer, Martin Gerber und Jonas Hiller treten, die vor über 20 Jahren den Ruf der Schweiz als Torhüter-Nation in der NHL lancierten? Einen vielversprechenden Start zeigte in diesem Jahr Akira Schmid, der bei den New Jersey Devils 18 Partien der Regular Season bestritt, und der dann in den Playoffs für 9 Einsätze das Vertrauen erhielt. Wird ihm bald ein weiteres Talent folgen?