Wie sieht die Swiss League in der Saison 2023/24 aus?

Nachdem die Swiss Ice Hockey Federation (SIHF) und die National League AG eine Erhöhung ihrer Unterstützungsbeiträge für die Swiss League um gesamthaft eine Million Franken beschlossen haben, ist der Fortbestand der zweithöchsten und einzigen Profiliga neben der NL zumindest für die nächste Saison gesichert. Dieser Beitrag versteht sich zusätzlich zu der bisherigen Summe, die nun insgesamt 1,5 Mio. beträgt. Aber wie wird diese Liga 2023/24 aussehen und welche Teams können sich noch einen Profihockey-Betrieb leisten?

Aufstieg aus der MyHockey League

Nach dem freiwilligen Rückzug des SC Langenthal aus der Swiss League qualifizierte sich der HCV Martigny bereits mit seiner Halbfinal-Teilnahme in der MyHockey League als „Ersatz“. Das Team gewann schlussendlich auch die Finalserie gegen den EHC Thun und krönte sich zum MyHockey League-Meister. Der EHC Arosa, die zweite aufstiegswillige Mannschaft, verlor seinen Halbfinal gegen Martigny und konnte sich somit nicht für den Aufstieg qualifizieren, denn dafür wäre die Finalteilnahme der MyHockey League erforderlich gewesen.

Der HCV Martigny spiel nächste Saison in der Swiss League (JustPictures)

Fragliche Teams

Auch der EHC Winterthur entschied sich nach den gesprochenen Unterstützungsbeiträgen zu einer weiteren Teilnahme in der Swiss League und ist eifrig an der Planung und Zusammenstellung der Mannschaft für die nächste Saison. Die Ticino Rockets, deren Zukunft noch nicht definitiv gesichert ist, vermelden zwar eine erfolgreiche Aktienkapitalerhöhung, bezahlt vom HC Ambri-Piotta und der Giovani Discatori della Turrita GDT (das ist die Organisation rund um den Hockeyclub Bellinzona, dem 400 Jugendliche, Aktive und Funktionäre angehören). So kann der Club nun an der weiteren Planung für die nächste Saison arbeiten, allerdings wird noch auf die Bestätigung weiterer Gelder gewartet.

Somit sind die Chancen für die weitere Existenz der Swiss League 2023/24 mit wenigstens 10 Mannschaften intakt. Bereits während der letzten 10 Jahre schwankte die Teilnehmerzahl schon zwischen 9 und 12 Teams.

Eine Liga mit 12 Mannschaften?

Eine Liga mit 12 Teams wäre natürlich optimaler, viel attraktiver und entspräche dem Schweizer Spielerpotential. Aber nach dem Rückzug der EVZ Academy 2022 und dem Ausbleiben eines Absteigers aus der National League in den letzten zwei Jahren ist letztere auf 14 Teams gewachsen und die Swiss League im Gegenzug auf nur noch 10 Teams geschrumpft. Mit dem Rückzug des HC Langenthals aus dem Profisektor verliert die Liga auch einen Zuschauermagnet aus dem Mittelland, der Club lockte in der Regular Season am fünftmeisten und in den Playoffs mit durchschnittlich 3’200 am drittmeisten Zuschauer an. Und mit dem Wegfall der Lokalderbys werden in Zukunft auch dem EHC Olten Fans fehlen. Die beiden Farmteams, die Ticino Rockets und die GCK Lions, tragen ihre Heimspiele vor durchschnittlich 114 resp. 413 Zuschauern aus, und auch als Gäste ziehen sie wenig Fans an, obwohl die GCK Lions in dieser Saison einen sportlichen Höhenflug hatten, mit dem dritten Tabellenrang in der Qualifikation und dem Erreichen des Playoff-Halbfinals. Auch die Spiele in Winterthur, mit über 115’000 Einwohner immerhin die sechstgrösste Stadt der Schweiz, sahen sich selten mehr als 500 Zuschauer im Schnitt an.

Aber wie kann diese Liga ihre unbestritten wichtige Funktion als zweite Profi- und Ausbildungsliga mit den Partnerteams der NL wieder steigern? Nachdem sich die National League 2020 vom Verband trennte und eine eigene AG gründete, stand die Swiss League plötzlich isoliert da und ging gezwungenermassen eine Kooperation mit der SIHF ein.

Aufstockung möglich?

Mit dem Beschluss der National League, ihre Ligagrösse mit 14 Teams beizubehalten, wurde der Swiss League zwei attraktive Teams „gestohlen“ und auch der Plan zur Erhöhung der Anzahl Teams in der Swiss League mittels direktem Abstieg aus der NL zunichte gemacht. Abgesehen davon hätte einer Reduktion der National League wohl kein Präsident eines Teams aus dem unteren Tabellenbereich zugestimmt. Genauso problematisch wird die Aufstockung mit Mannschaften aus der MyHockey League sein, sowohl aus finanziellen, als auch aus infrastrukturellen Gründen.

Der EHC Chur spielt zwar in einem Stadion mit einer Zuschauerkapazität von 6'500, wobei diese von der Stadt Chur auf aktuell 3'000 limitiert wurde, hat aber sein Aufstiegsgesuch für nächste Saison zurückgezogen, auch aufgrund der unsicheren Zukunft der Swiss League. Und Arosa scheiterte, wie erwähnt, bereits im Halbfinal der Swiss League Playoffs. Das wären denn auch die einzigen Anwärter für einen allfälligen Aufstieg am Ende der nächsten Saison gewesen. Solange die SL nicht 12 Teams hat, wird gemäss SIHF auch der Abstieg ausgesetzt. Es bestehen in Zukunft also weiterhin Aufstiegs-Chancen für potenzielle Teams aus der MyHockey Liga.

Es ist natürlich eine Illusion, zu glauben, die SL könnte in Zukunft als reine Profiliga funktionieren, dazu wären höchstens 4 - 5 Teams finanziell in der Lage, und nur bei ausreichender, regionaler Verankerung. Also wird die Liga weiterhin in zwei, wenn nicht sogar drei Qualitätsstufen spielen. Das sportliche Niveau zeigt auch die Tabelle weiter oben mit den beiden diesjährigen Finalisten La Chaux-de-Fonds und Olten, die mit nicht weniger als 31 resp. 28 Punkten an der Spitze lagen. Dahinter werden sich 4 bis 5 Teams um die Playoff-Platzierungen streiten, und am Ende bemühen sich die Schlusslichter Winterthur und Ticino Rockets, mit 34 Punkten Rückstand auf die Playoff-Plätze und mit Budgets, die unter 2 Mio. liegen.

Lichtblicke in die Zukunft

Zumindest betreffend Infrastruktur gab es in letzter Zeit wieder positive News aus Visp und Sierre betreffend deren Perspektiven. Die Stadt Sierre schloss mit privaten Investoren unter der Führung von Chris McSorley eine Rahmenvereinbarung für die Entwicklung und den Bau eines neuen Sportzentrums inklusive Eishalle mit einer Zuschauerkapazität von 6000 bis 7000! Und der benachbarte EHC Visp hat mit dem Engagement von Trainer Heinz Ehlers einen veritablen Transfercoup gelandet und ein klares Signal für seine zukünftige Orientierung an die Spitze gesetzt. Der Verein verfügt mit der Lonza-Arena auch über ein neues und komfortables Eisstadion mit einem Fassungsvermögen von über 5’000 Zuschauern, das sogar den Anforderungen der National League genügen würde. Auch der Aufsteiger EHC Basel kann mit dem Erreichen des sechsten Ranges und der Playoffs (wo im Schnitt über 2’800 Zuschauer kamen) auf eine erfolgreiche erste Saison in der Swiss League zurückschauen.

Nach der verpassten Aufstiegschance weiterhin in der Swiss League (JustPictures)

Das Schweizer Eishockey braucht eine attraktive Swiss League!

Entgegen vieler kritischen Prophezeiungen zur Zukunft der Swiss League, muss man diese positiven Aussichten und Projekte als eindeutiges Bekenntnis zur Swiss League sehen. Solange mindestens fünf Clubs mehr als 2000 Zuschauer anziehen und jedes Jahr begabte Talente den Sprung in die NL schaffen, lebt diese Liga weiter. Eventuell sehen auch die Verantwortlichen der höchsten Liga, wie auch des Verbandes, den unersetzbaren Wert einer solchen Liga. Nur schon als Kompensation für die riskante Entscheidung der NL-Bosse, die Ausländerzahl auf 6 festzulegen und somit vielen aufstrebenden jungen Spielern die Möglichkeit zu Einsätzen und zur Übernahme von Verantwortung in der höchsten Liga zu nehmen. Wo sonst als in der Swiss League sollen sie Spielpraxis sammeln und sich weiterentwickeln? Wo werden Spieler, für die es nicht in die National League reicht, beschäftigt? Sollen sie den Beruf Eishockeyspieler aufgeben?

Unsere National League ist eine der attraktivsten Eishockey-Ligen in Europa, und damit das so bleibt, bildet eine gesunde und interessante Swiss League mit einer guten Infrastruktur und professionellen Trainingsbedingungen die beste Grundlage für eine positive Zukunft des Schweizer Eishockeys! Allerdings bleibt noch eine Hypothek: Der erwähnte zusätzliche Unterstützungsbeitrag in der Gesamthöhe von einer Million Franken ist leider nur einmalig auf die kommende Saison 2023/24 begrenzt!