Der Transfer von Johann Morant zeigt, wie sehr die ZSC Lions den eigenen Nachwuchs vernachlässigt haben

Die ZSC Lions haben gestern die Verpflichtung von Johann Morant für die nächsten zwei Spielzeiten bekannt gegeben. Für viele kam dieser Transfer wohl überraschend: Ein 33-jähriger Verteidiger, der sich in den letzten Jahren zwar spielerisch noch einmal weiterentwickelt, jedoch bei vielen noch immer den Ruf eines Rüppels hat.

Wir bewegen uns momentan in der Ruhe vor dem Sturm. Denn die Sportchefs befinden sich momentan vollkommen in der Planung für die kommende Saison. Ab und zu wird bereits ein Transfer oder eine Vertragsverlängerung verkündet. Bis zum Jahreswechsel werden noch einige Verträge neu abgeschlossen oder verlängert werden und der Schweizer Spielermarkt wird dann fast schon ausgetrocknet sein. 

Auch die ZSC Lions werden sich trotz dem erfolgreichen Saisonstart nicht ausruhen und auf dem Transfermarkt zuschlagen. Der erste Transfer konnte gestern bereits verkündet werden: Johann Morant wechselt für zwei Jahre zu den ZSC Lions. 

Bevor wir uns diesen Transfer genauer anschauen, blicken wir zuerst auf das Zürcher Kader der kommenden Saison, welches noch relativ dünn aussieht: ein Torhüter, drei Verteidiger und zehn Stürmer (ohne Robert Nilsson, der eine Option für eine weitere Saison besitzt). Es zeigt sich, dass in der Defensive definitiv noch Handlungsbedarf besteht. Mit Phil Baltisberger, Tim Berni, Severin Blindenbacher, Dave Sutter, Alexander Braun und Maxim Noreau laufen gleich die Verträge von sechs Verteidigern aus. Andererseits stehen Patrick Geering und Christian Marti langfristig, Dario Trutmann mindestens noch die nächste Saison unter Vertrag. 

Einzig mit Phil Baltisberger scheint eine Vertragsverlängerung tatsächlich wahrscheinlich zu sein. Es ist gut möglich, dass Blindenbacher seine Karriere im Frühling im Alter von 37 Jahren beenden wird. Zudem rechnen die Zürcher wohl damit, dass der 19-jährige Berni die Schweiz im kommenden Sommer in Richtung Nordamerika verlassen wird. Der mittlerweile 23-jährige Braun schafft den Sprung in die höchste Schweizer Liga weiterhin nicht und Dave Sutter dürfte sich eine neue Herausforderung suchen, nachdem er in der Verteidigerhierarchie nur noch Platz 8 belegt und knapp über 2 Minuten Eiszeit pro Spiel erhält. 

Nun hat Sportchef Sven Leuenberger mit Johann Morant einen ersten Zuzug in der Defensive verkündet. Nebst der Vertragsverlängerung mit Phil Baltisberger muss Leuenberger trotzdem noch mindestens zwei weitere Verteidiger mit Schweizer Lizenz verpflichten. 

Johann Morant wird in der kommenden Saison für die ZSC Lions verteidigen. (JustPictures)

Die Talente gehen nicht mehr nach Zürich

Denn im eigenen Nachwuchs befinden sich momentan keine Jahrzehntetalente mehr. Vor mehreren Jahren konnten die Zürcher praktisch in jedem Jahrgang auf den eigenen Nachwuchs zurückgreifen. Es befinden sich mit Axel Andersson (21), Gianluca Burger (20), Gabriel Widmer (19), Silvan Landolt (18) und Noah Meier (17) zwar immer noch grosse Talente mit unterschiedlichen Jahrgängen bei den GCK Lions. Allerdings ist fragwürdig, ob Andersson und Burger im kommenden Jahr tatsächlich eine Chance in der ersten Mannschaft erhalten werden. Das Talent ist nicht mehr in der Breite vorhanden wie vor einigen Jahren, als das Farmteam noch regelmässig die Playoffs erreicht hatte und auch noch nicht auf Importspieler angewiesen war.

Dass die Zürcher in der kommende Saison möglicherweise vor einem Verteidigerproblem stehen werden, hat mit der Transferpolitik der letzten Jahre zu tun. Mit Roger Karrer liess man im Sommer beispielsweise das grösste Talent hinter Berni aus der eigenen Talentschmiede in Richtung Genf davonziehen, wo dieser nun aufblüht. In den Jahren zuvor verpflichtete man für viel Geld “auswärtige” Spieler, anstatt wieder vermehrt auf den internen Nachwuchs zu setzen oder in diesen zu investieren. 

Es zeigt sich, dass der EV Zug den Zürchern mittlerweile den Rang als beste Nachwuchsorganisation der Schweiz abläuft. Die Talente ziehen nicht mehr nach Zürich, sondern nach Zug. Sie spielen nun für die EVZ Academy und nicht mehr für die GCK Lions. Doch anstatt zu versuchen, die besten Schweizer Nachwuchsspieler wieder nach Zürich zum eigenen Farmteam zu locken und somit in den eigenen Reihen zu haben, verpflichtet der «Zett» nun die Routiniers vom Konkurrenten.

Zwar sollen die spielerischen Fähigkeiten und die Ausstrahlung von Johann Morant nicht geschmälert werden, es darf aber daran gezweifelt werden, ob dieser Transfer vor zehn Jahren ebenfalls getätigt worden wäre. 

Es ist sicherlich nicht die kostengünstigste Transferpolitik, welche die Zürcher einschlagen. Denn auch wenn die Konkurrenz in der Nachwuchsarbeit durch die EVZ Academy grösser geworden ist, hätten sie weiterhin das Potential und die Infrastruktur, um jedes Jahr Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft zu integrieren und somit eine führende Rolle einzunehmen.