Die aktuellen Trainer in der National League - Teil II

Im zweiten Teil unserer aktuellen Trainer-Chronik finden wir Coaches, die weniger lang im Amt sind, nämlich zwischen 1,3 Jahre und 3 Monaten. Das erstaunt nicht, haben wir in der aktuellen Saison doch schon 6 Entlassungen erlebt, das ist ein Rekord seit 2017/18, als es sogar 7 Wechsel gab. Wir enthalten uns eines Kommentars über die Notwendigkeit dieser Aktionen. Auf der anderen Seite wurden bis jetzt auch noch nie (mehrere) Spieler entlassen, wenn ein Team schlecht performt. Mehrheitlich werden Spieler mit Samthandschuhen angefasst, um teure Verträge zu rechtfertigen oder auf öffentlichen Druck. Also ist es eben der Trainer, der bezahlt, allenfalls auch mal der Sportchef. 

Die nachstehende Reihenfolge entspricht der Amtsdauer: 

Stefan Hedlund

SC Rapperswil-Jona Lakers, geboren in Lulea (SWE), 47 Jahre. 

Er kam vom schwedischen Spitzenteam Skelleftea AIK und übernahm den SCRJ ab der Saison 2021 von Jeff Tomlinson. Letzterer führte den Club 2018 zurück in die National League. Er kennt das Schweizer Eishockey bereits von seinen Engagements bei der EVZ Academy und als Assistant Coach beim EV Zug 2017 bis 2019. Er durchlief seine gesamte Trainer-Ausbildung in Schweden und seine Aktivzeit als Spieler mehrheitlich in der norwegischen Liga.

Erfolge: Als Headcoach führte er Skelleftea 20/21 in den Playoff-Halbfinal und im Jahr zuvor als Assistenz-Trainer auf den vierten Tabellenrang in der Qualifikation (es gab keine Playoffs). Schon in seiner ersten Saison holte er die Rapperswil-Jona Lakers aus dem Tabellenkeller auf den erstaunlichen 4. Platz der Qualifikation, scheiterte dann aber im Viertelfinal an Davos nach einer 3:0 Führung. 

Spielsystem: Er führte das schnelle, attraktive Eishockey ein, bei dem sich jeder Spieler seine Rolle einverleibt hat. Er ist wohl einer der wenigen Trainer in der NL, der die Weiterentwicklung jedes Spielers in der Organisation mit Selbstverständnis pflegt. So konnten sich hier Spieler wie Tyler Moy und Sandro Zangger erfolgreich entfalten, nach zwischenzeitlichem Stillstand bei ihren Vorgänger-Teams. Nach dem bewährten, skandinavischen Modell wird den Spielern viel Mitverantwortung übertragen und das System steht über allem. 

Stefan Hedlund an der Bande des SCRJ (JustPICTURES)

Jeff Tomlinson

EHC Kloten, geboren in Winnipeg (CAN), 52 Jahre.

Er übernahm das Team auf die Saison 2021/22, nachdem er zuvor nicht weniger als 6 Jahre bei den Rapperswil-Jona Lakers an der Bande stand. Er startete seine Trainerkarriere in Deutschland und war zuletzt 2 Jahre bei den Eisbären Berlin.

Erfolge: Zu seinen grössten Erfolgen zählen die beiden Aufstiege in die National League, 2018 mit Rappi und 2022 mit Kloten. Mit Rapperswil wurde er auch Schweizer Cupsieger.

Während seiner Zeit in Deutschland holte er zweimal den DEL-Meistertitel als Assistant Coach mit den Eisbären Berlin. Nicht zuletzt erwähnenswert ist auch die erfolgreiche Etablierung des EHC Kloten in seiner ersten Saison in der NL und die aktuell ausgezeichnete und nicht ganz erwartete Platzierung auf dem 8. Rang.

Spielsystem: Die positive Entwicklung nach dem erwartet harzigen Anfang in der höheren Liga ist das Resultat einer ausbalancierten und NL-tauglichen Kaderzusammenstellung. Zum einen wurden Spieler aus der Swiss League mitgenommen (z.B. David Reinbacher, wird z.Z. als ganz „heisser“ NHL-Draft 2023 gehandelt), oder junge Talente von anderen SL Clubs geholt (z.B. Jonathan Ang vom HC Thurgau, z.Z. Nr. 3 der Torschützenliste) oder andere junge Spieler, die bei ihren NL-Teams keine Chancen auf regelmässige Einsatzzeiten erhielten (z.B. Keanu Derungs von Genf, z.Z. 8 Spiele 6 Punkte). Und für die Leaderpositionen verstärkte man sich clever mit einem exzellenten Ausländer-Quintett aus der KHL, AHL, der Schwedischen und der finnischen Liga. Ähnlich wie bei Rapperswil, ist auch hier das Team der Star, die jeweiligen Rollen sind allmählich eingespielt und das System verinnerlicht. 

Jan Cadieux

HC Genève-Servette, geboren in Davos, 42 Jahre.

Der Sohn der Eishockey-Legende Paul-André Cadieux hat das Amt im November 2021 nach der Entlassung von Patrick Emond interimistisch übernommen, und er wurde dann im April 2022 definitiv als Headcoach bestätigt. Seine Trainerlaufbahn startete er als Assistenztrainer bei Gottéron Elite Jr. A, war gleichzeitig bei den U18/U19-Nati-Teams engagiert und landete schliesslich als Headcoach bei den Ticino Rockets. Ab 2019 war er dann auch Assistenztrainer bei Genève-Servette, er kennt die Entwicklung der Mannschaft bestens.

Seine 13-jährige Spielerkarriere als Profi führte ihn von Lugano über Genf nach Fribourg. Auch er spielte als Junior einst in der kanadischen Juniorenliga QMJHL.

Erfolge: Er führte die Mannschaft schon sehr früh in der Saison auf den 1. Platz, den sie bis jetzt erfolgreich verteidigte. In seinem Debüt-Jahr scheiterte man, auf Rang 8 stehend, an den Pre-Playoffs. Als Assistenz-Coach erlebte er 2020/21 das sensationelle Erreichen des Playoff-Finals.

Spielsystem: Jan Cadieux konnte auch die renommierten Stars in ein effektives Backchecking-System integrieren. Den Genfern gelingt es auf diese Weise, die angreifende Mannschaft schon in der neutralen Zone zu bedrängen und sie am erfolgreichen Überbrücken der Mittelzone zu hindern, wo sie schliesslich wie in einer „Falle“ hängen bleiben. Diese Taktik wird „Trap“ genannt. Und im Spielaufbau ist man sich auch nicht zu schade, ab und zu mittels nordamerikanischem „Dump and Chase”-System die Scheibe aus der stabilen Defensive auf direktem Weg in die offensive Zone zu spedieren, ein Erbe aus der McSorley-Ärea. 

Thierry Paterlini

SCL Tigers, geboren in Chur, 47 Jahre.

Übernahm auf die aktuelle Saison hin den Cheftrainer-Posten, nachdem er zuvor zwei Jahre in La Chaux-de-Fonds an der Bande stand. Der ehemalige Flügelstürmer spielte 15 Jahre in der Nationalliga A für den SC Bern, den HC Davos, die ZSC Lions, den HC Lugano und die Rapperswil-Jona Lakers. Zusätzlich war Paterlini auch für die Nationalmannschaft im Einsatz (10 Weltmeisterschaften, 2 Olympische Spiele, insgesamt 152 Länderspiele)

Erfolge: Er führte nach den letzten zwei desaströsen Saisons, die man auf dem vorletzten, bzw. letzten Platz beendete, eine neue Leistungskultur ein. Dem Team wurde sozusagen ein neues Gen eingepflanzt, das wieder die Leidenschaft weckte. Und mit der Leidenschaft und den ersten Erfolgen sind auch wieder die Ambitionen zurückgekehrt. Die Emmentaler, denen vor der Saison mehrheitlich ein Abstiegsplatz prophezeit wurde, trennen lediglich 3 Punkte von den Pre-Playoff-Plätzen. Und nach 36 Spielen hat man schon 10 Punkte mehr auf dem Konto als in den letzten beiden Jahren am Ende der Qualifikation.

Spielsystem: Wie erwartet hat Paterlini sein kanadisch-finnisches System implementiert, das er zuvor schon bei La Chaux-de-Fonds spielen liess. Eine nicht ungewöhnliche Strategie, die man inzwischen bei vielen Teams sieht. Zur Stabilisierung der Verteidigung engagierte man die beiden finnischen Verteidiger Lepistö und Saarijärvi, deren Job es ist, mit cleverem Positionsspiel die Wege und Schusslinien zwischen dem Angreifer und dem eigenen Netz dichtzumachen, um vor allem Tore zu verhindern. Daher erstaunt es nicht, dass die Emmentaler in der Torstatistik mit nur 91 erzielten Treffern an letzter Stelle sind. Zudem sind die Tigers ausgesprochen abhängig von der Torproduktion ihrer Importspieler: mehr als 70 % gehen auf ihr Konto, das ist statistisch gesehen der erste Platz in der NL.

Luca Gianinazzi

HC Lugano, 30 Jahre.

Letzten Oktober wagte der HC Lugano einen mutigen Entscheid und ernannte den jungen und unerfahrenen Luca Gianinazzi zum Cheftrainer, nachdem auch Bandengeneral Chris McSorley im Ticino scheiterte, wie schon viele Trainer vor ihm. Zum ersten Mal entschied man sich in Lugano zu einem kühnen Schritt mit dem jüngsten und unerfahrensten Trainer in der National League.

Erfolge: Sowohl seine Zeit als Spieler als auch als Trainer ist zu kurz, um Erfolge zu vermelden. 

Spielsystem: In der Vergangenheit versuchten mehrheitlich kanadische Coaches (ausser Patrick Fischer), die Mannschaft aus dem Tessin zu einer schlagkräftigen und erfolgreichen Einheit zu formen, aber alle scheiterten vor dem Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Auch Patrick Fischer. Die Frage sei erlaubt: passen diese Spieler in ein System? 

Bis jetzt hat auch der letzte Trainerwechsel noch keinen sichtbaren Effekt erzielt. Es ist noch keine offensichtliche Systemänderung festzustellen und das Team fand auch noch nicht zu regelmässigen und konstanten Auftritten. 

Die mittlerweile 8 Importspieler, darunter 5 Nordamerikaner und der Finne Markus Granlund, der aber auch 7 Jahre in der NHL bestritt, sind weiterhin substantiell und daher auch für die Spielweise relevant. Zur Stärkung der teilweise unbeständigen Defensive hat nun Hnat Domenichelli wenigstens noch den tschechischen Nationalpieler Lukas Klok engagiert, allerdings zeichnet sich auch er, wie die anderen Verteidiger Luganos, nicht als Torschütze aus, obwohl einige Zweiweg-Verteidiger wie Mirco Müller und Santeri Alatalo darunter sind.

Zur Erinnerung: die Differenz zu den Playout-Plätzen beträgt nur 4 Punkte und das entspricht nicht den Erwartungen an diese hoch dotierte Mannschaft.