Die Torhüter in der Analyse: Descloux für die Zukunft und ein Ausländer-Flop

Nachdem wir letzte Woche die Ausländer ins Visier genommen haben, richten wir heute einen Blick auf die Torhüter der National League.

Descloux - Der Nationaltorhüter der Zukunft?

In der Schweiz wurde in den vergangenen Monaten heftig über die Torhüter diskutiert. Zum einen hat das mit dem Transferwirbel im kommenden Sommer zu tun, weil Leonardo Genoni den SCB verlässt, Elvis Merzlikins höchstwahrscheinlich den Sprung in die NHL wagt und somit zwei Spitzenteams einen Spitzengoalie suchen. Andererseits wird bereits jetzt über den Nationaltorhüter der Zukunft spekuliert, da die jahrelangen Schweizer Weltmeisterschaftstorhüter Genoni (31), Berra (31) und Hiller (36) alle schon über 30 Jahre alt sind und dahinter ein regelrechtes Loch entstanden ist.

Jonas Hiller ist nach der schwachen Olympiade 2018 mit 36 Jahren aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. (TOPpictures/Andy Buettiker)

Vor zwei Jahren lagen viele Hoffnungen beim Torhüterduo des HC Davos. Doch die Entwicklungen von Gilles Senn (22) und Joren van Pottelberghe (21) sind nicht so verlaufen, wie sich das Arno del Curto und die Verantwortlichen von Davos vorgestellt hatten. Zusätzlich sollen sogar die eigenen Mitspieler das Vertrauen in die beiden Torhüter verloren haben. Deshalb haben die Bündner kurz vor Saisonstart mit Anders Lindbäck einen ausländischen Torhüter verpflichtet (mehr dazu später).

Eine weitere Zukunftshoffnung ist Akira Schmid, welcher im vergangenen Sommer in der fünften Runde gedraftet worden war und in diesem Jahr das Abenteuer in der amerikanischen Juniorenliga WHL gestartet hat. Doch Schmid wird in den kommenden Tagen nach nur gerade einem Spiel und einer Fangquote von nur 74 % in die Schweiz zurückkehren, weil die Lethbridge Hurricanes auf ein anderes Ausländerduo setzen. Der 18-Jährige wird seine Karriere bei den Elite A Junioren Langnaus fortsetzen.

Der 22-Jährige Gauthier Descloux kämpft in Genf mit Robert Mayer um die Nummer 1 im Genfer Tor, hat aber momentan alle statistischen Vorteile auf seiner Seite. Descloux hat drei seiner vier Spiele gewonnen, Mayer dagegen hat nur eines von vier Spielen siegreich gestalten können.

Robert Mayer hat nach vier Spielen eine Fangquote von nur 88.99 %. (TOPpictures/Michael Walch)

Klar, die Saison ist noch jung. Doch Descloux hat auch schon in den vorherigen Saisons gezeigt, dass er mit sehr viel Talent ausgestattet ist. 2015 hexte er Ajoie mit einer Fangquote von 93.6 % zum Swiss League Titel. Die letzten beiden Jahre war er hauptsächlich an Ambri-Piotta ausgeliehen, kam aber auch dort meist nicht über die Rolle des Ersatztorhüters hinaus. In dieser Saison soll ihm endlich der grosse Sprung gelingen. Sein Vertrag läuft Ende Saison aus. Bisher hat noch kaum jemanden über den Genfer gesprochen, doch wie sieht es in einigen Monaten aus, wenn Descloux seine Form behalten kann? Bern und Lugano sind nächstes Jahr auf der Suche nach starken Torhütern und werden dafür keinen Rappen scheuen.

Das Goalietheater in Davos - Ist Lindbäck gut genug?

Wie bereits erwähnt, hat der HC Davos kurz vor Saisonbeginn Anders Lindbäck verpflichtet, einen schwedischen Torhüter, der in der NHL keine Perspektive mehr hatte. Lindbäck wurde aber nicht nur wegen der ungenügenden Leistungen des Torhüterduos Senn und van Pottelberghe unter Vertrag genommen, sondern auch weil die Grossklubs wie gesagt nächste Saison womöglich auch auf einen ausländischen Torhüter zurückgreifen müssen und somit die Löhne antreiben würden.

Lindbäck ist in dieser Saison der einzige Torhüter, der bisher jedes Spiel bestritten hat. Während die anderen Stammtorhüter mindestens ein Spiel Pause erhalten haben, setzt Del Curto konsequent auf den Schweden. Ein klares Zeichen an Senn und van Pottelberghe, die in dieser Saison kaum mit Spielpraxis rechnen können. Letzterer wurde vor kurzem zwischenzeitlich nach Dänemark ausgeliehen, um dort doch noch das eine oder andere Spiel bestreiten zu können.

van Pottelberghe wurde mittlerweile an Rungsted Seier Capital nach Dänemark ausgeliehen. (TOPpictures/Michael Walch)

Zurück zu Lindbäck: Der 30-Jährige hat momentan eine Fangquote von 89.59%. Das ist im Vergleich zu den anderen Stammtorhütern die zweitschlechteste Quote der Liga. Es ist offensichtlich, dass Davos nicht die beste Verteidigung der National League hat. Es ist die jüngste Defensive seit Jahren und auch die Routiniers haben ihren Zenit langsam überschritten. Folglicherweise hätte auch ein Genoni zurzeit nicht die allerbeste Fangquote in Davos. Doch dem NHL erprobten Lindbäck sind auch schon einige haltbare Tore durch den Handschuh gerutscht. Lindbäck ist mit 198 cm zwar ein Riese im Tor und deckt durch seine Physis schon einiges ab, aber seine Reaktionen sind definitiv nicht die allerschnellsten.

Es stellt sich die Frage, ob Gilles Senn, der nächstes Jahr in Amerika durchstarten will, mehr gehalten hätte. Del Curto kann sich mit dem Gedanken, vier Ausländer spielen zu lassen, beruhigt zurücklehnen, denn er hatte bisher auch noch keine grossen Entscheidungsmöglichkeiten. Zum einen ist für Sami Sandell die Saison, ohne ein einziges Spiel bestritten zu haben, bereits beendet und zum anderen ist Perttu Lindgren nach einem Jahr Pause noch überhaupt nicht in Form. Mit dem Zuzug von Anton Rödin und der zurückkehrenden Spielpraxis von Lindgren könnte Del Curto aber bald vor einer schwierigen Entscheidung stehen. Soll er einen ausländischen Torhüter von mittlerer Qualität ins Tor stellen und dafür eine Ausländerpostion auf dem Feld opfern oder Gilles Senn nochmals eine Chance gewähren und vorne mehr Torgefahr erzeugen?

Gilles Senn kam in der letzten Saison auf eine Fangquote von 90.48 %. (TOPpictures/Andy Buettiker)