Zwei Sweeps führen zur Dernière

Wie viel Energie darf ein Viertelfinal kosten? Und ab wann läuft ein Team am Limit? Diese Fragen stellen sich in den Halbfinal-Serien. Denn in beiden Fällen spielt je ein Team, welches 7 Spiele im Viertelfinal zu absolvieren hatte, und ein Team, welches 4 respektive 5 Spiele spielen musste. Dass eine Serie über 7 Spiele zweifelsohne mehr Kraft kostet, als eine über 5 ist selbstredend. Aber wie fit ein Team danach noch ist, und ob sich die endlosen Konditions- und Krafttrainings des Sommers bezahlt machen, ist dann noch eine andere Frage.

Beeindruckende Stabilität und Ausgeglichenheit

Die beiden prägenden Figuren der Halbfinalserie Zug-Davos, Leonardo Genoni (rechts im Bild) und Sandro Aeschlimann (l.). Vielleicht auch zukünftige Kollegen in der Nati? (JustPictures)

EV Zug - HC Davos 4:0

Wie gegen Lugano spielte der amtierende Meister auch in dieser Serie die Breite seines Kaders vollkommen aus. Eiskalt nutzte man Fehler der Davoser aus und setzte sich verdient in 4 Spielen durch. Dass dabei nicht unbedingt die Stars brillierten, spricht für den Coachingstaff um Dan Tangnes. Er scheint die richtige Mischung gefunden zu haben und ist auf bestem Wege, die Zuger zu ihrem dritten Meistertitel zu coachen. 

Der HC Davos auf der anderen Seite scheint ein bisschen über dem Limit zu laufen. Nach der dramatischen Wende gegen die Rapperswil-Jona Lakers, vom 0:3 zum 4:3, können die Bündner ihr Power-Hockey nicht richtig aufziehen. Es wirkt als wären die Batterien teilweise leer. Und auch Wohlwends Flaschenwurf schien kein neues Feuer oder keine neuen Kräfte freizusetzen.

Die Besten: Leonardo Genoni und Sandro Aeschlimann spielen beide starke Playoffs. Bei Genoni ist vor allen Dingen die Konstanz sehr beeindruckend, er bringt in der Defensive des EVZ durch seine Ausstrahlung sehr viel Ruhe rein und ist da, wenn es ihn braucht. Auf der anderen Seite steht der statistisch beste Goalie der Regular Season. Aeschlimann hat sich nach anfänglicher leichter Kritik von Coach Christian Wohlwend stark steigern können und hat die Davoser in jedem Spiel der Halbfinal-Serie mindestens zwei bis dreimal mit absoluten Big Saves vor Rückständen bewahrt. Kommt da womöglich ein Konkurrent für Genoni und Berra?

Die Enttäuschung: Im Gegensatz zur Serie gegen Rapperswil hatten die Landwassertaler grosse Mühen, Schüsse und Torchancen zu verhindern. Die Davoser Defensive machte mehrfach einen planlosen Eindruck, oftmals stimmte die Zuordnung nicht und die Zuger kamen zu sehr guten Torchancen. Einzig Sandro Aeschlimann verhinderte dann schlimmeres und stand einem Treffer im Wege. 

Die Überraschung: Die Jungen des EVZ sind schon in der Viertelfinal-Serie gegen den HC Lugano sehr positiv aufgefallen. Im Halbfinal gegen Davos haben sie da weitergemacht, wo sie aufgehört haben und scoren munter weiter. Allen voran Dario Allenspach und Yannick Zehnder, aber auch Fabrice Herzog hat seinen Platz gefunden, und dabei vor allem eine Balance zwischen Härte und Scorerqualitäten zeigen können.

Grönborgs Schönwettertruppe hat sich zur Mannschaft entwickelt

Eine grossartige Karriere ging im Hallenstadion zu Ende, Philippe Furrer durfte in seinem letzten Spiel nochmals als Captain auftreten und die Auszeichnung des Best Players auf Freiburger Seite entgegennehmen. (JustPictures)

HC Fribourg-Gotteron - ZSC Lions 0:4

Die Entwicklung der ZSC Lions ist beeindruckend, nach einem harzigen, von Fehlern geprägten Start in die Serie gegen Biel haben sie sich vor allem in der Defensive kontinuierlich steigern können. Bestes Beispiel dafür sind auch die Overtime-Tore in den ersten drei Spielen im Halbfinal. Alle entstanden sie, weil ein Center oder Flügel starkes Backchecking betrieb, den Puck erobern und in die gegnerische Zone tragen konnte, wo dann mit vehementem Nachsetzen sogenannte “dreckige” Tore entstanden. 

Der HC Fribourg-Gottéron hingegen hat sein Spiel weiter so durchgezogen wie in der Viertelfinal-Serie gegen den HC Lausanne. Doch irgendwie scheint es nicht so klappen zu wollen mit der Effizienz. Und defensiv schleichen sich immer mal wieder kleine Unachtsamkeiten ein, die von den Löwen sehr effizient ausgenutzt werden. 

Der Beste: Denis Malgin hat sich vom harten Check von Noah Schneeberger scheinbar recht schnell erholt, schon in den letzten Spielen gegen Biel hatte er massgeblich Anteil daran, dass die Zürcher die Serie noch drehen und gewinnen konnten. Und nun spielt er gegen Fribourg genauso gross auf, zusammen mit Andrighetto und Hollenstein bildet er die gefährlichste Linie des Zürcher Schlittschuhclubs. 

Die Enttäuschung: Das Verteidigerpaar Sutter-Furrer stand bei mehreren Gegentreffern auf dem Eis und sah teilweise nicht gut aus. Dave Sutter hatte vor allem in den Duellen gegen Lausanne mehrfach überzeugt und schien die 3 eher mässigen Saisons beim ZSC vergessen machen zu wollen. Furrer schoss mit einem wunderbaren Solo den Siegtreffer in der Overtime und schien in seinem allerletzten Playoff aufzublühen. Doch irgendwie schien es nun gegen die Zürcher zu hapern.

Die Überraschung: Die vierte Linie der Zürcher Löwen um Reto Schäppi hat sich zu einer Top-Linie gemausert. Mit ihrem harten Spiel stellen sie die besten Spieler der Fribourger vor grosse Probleme. Schäppi gehört seit Neuestem zu den Top-Spielern in Sachen Bullys und scheint sich wohler zu fühlen als in den letzten Jahren.

Ein letzter Tanz im Hallenstadion

Das Zürcher Hallenstadion darf seinen allerletzten Playoff-Final in der letzten Saison miterleben. Können die Zürcher vor ihrem Umzug noch einmal den Titel nach Oerlikon holen? (JustPictures)

Zug gegen Zürich, dieses Duell hatten die meisten Experten am Anfang der Saison vorausgesagt. Der amtierende Meister hat eine sehr konstante Saison hinter sich und konnte sich in den Playoffs nochmals steigern. Auf der anderen Seite stehen die Löwen. Ihr Star-Ensemble musste sich in diesem Jahr nochmals besonders viel Kritik anhören. Man sei zu überheblich, Grönborg habe seine Diven-Truppe nicht im Griff, das Team bestehe aus Einzelspielern und sei keine Mannschaft. Ab der Mitte der Serie gegen den EHC Biel, und insbesondere in der Halbfinalserie gegen Fribourg-Gotteron bewiesen die Zürcher aber eindrücklich das Gegenteil. Jeder legte sich in die Schüsse, man hielt sich strikte an die Defensiv-Taktik und jeder arbeitete zurück, bis vors eigene Tor.

Im Final der diesjährigen Playoffs stehen sich nun die bestbesetzten Teams der National League gegenüber. Wer Meister wird, entscheidet sich mit grosser Wahrscheinlichkeit in der Disziplin der beiden Mannschaften. Wer hält sich an das System des Trainers? Wer kann Strafen verhindern? Und wer legt sich zum x-ten Mal nochmals aufopfernd in einen Slapshot?

Und ganz am Ende wird dann die Frage stehen, wer im Sommer die beste Vorbereitung absolviert, und somit noch ein bisschen mehr Luft in der Lunge und eine Spur mehr Kraft in den Beinen hat.