Drei Titelkandidaten, ein kleines Wunder

Die Viertelfinals der Saison 2021/22 waren turbulent, hart und von Defensivleistungen geprägt. Von vier Serien gingen zwei über die volle Distanz von sieben Spielen, eine über fünf und eine endete mit einem Sweep. Zu jeder Serie beleuchten wir einige wichtige Aspekte, benennen den Besten, den Schwächsten und die Überraschung.

Zu viel Energie gegen Genf liegen gelassen?

Fabrice Herzog im Topscorer-Trikot, ein seltener Anblick. (JustPictures)

EV Zug - HC Lugano  4:0

Kurzen Prozess machte der Meister mit den Tessinern. Mit 2:1 n.V., 2:6, 6:3 und 3:5 liess man dem HC Lugano kaum eine Chance überhaupt in die Serie zu kommen. Auffällig an den Spielverläufen war, dass sich die ersten zwei Drittel jeweils als sehr ausgeglichen herausstellten, die Zuger dann aber im letzten Drittel meist noch eine Schippe drauflegen konnten. Der EV Zug spielte über alle Spiele mit vier konstanten Linien, Lugano hingegen liess gegen Ende der Partien stets nach. 

Ein zentraler Faktor in dieser Serie waren die Special Teams, Lugano holte viel zu viele Strafen und der EVZ wusste diese immer wieder auszunutzen (Powerplayquote 41.67%). Die Zuger erzielten von 19 Toren 10 in Überzahl, eine beeindruckende Ausbeute. Und auf der anderen Seite war das Überzahlspiel der Bianconeri ungenügend, beziehungsweise konnten sich die Zuger sehr erfolgreich wehren. 

Der Beste: Leonardo Genoni spielte wie gewohnt sicher und ruhig. Er ist die unbestrittene Nummer 1 im Tor der Zuger und mit seiner Konstanz und Erfahrung ist er ein sicherer Wert in der Zuger Defensive. Er musste in 4 Spielen knapp 40 Schüsse pro Spiel parieren, mit 94.4% Fangquote liegt er an erster Stelle in den Playoffstatistiken.

Die Enttäuschung: Die Punkteausbeute von Luca Fazzini in der Regular Season war beeindruckend. In 52 Spielen konnte er 43 Mal punkten. Seit Playoff-Beginn läuft es nicht mehr. In seinen 4 Spielen kann er nur ein einziges Mal scoren, mit einem Treffer im letzten Spiel gegen den EVZ. 

Die Überraschung: Vielgescholten und als unfairer Gegner kritisiert stieg Fabrice Herzog in diese Serie ein. Doch nach Ende ebendieser müssen viele Kritiker zugeben, dass er auch spielerisch einen grossen Wert haben kann. Nach einer nicht sonderlich produktiven Saison steigerte er sich merklich. In 4 Spielen sammelte er 7 Scorerpunkte (4 Tore, 3 Assists).Zu viel Energie gegen Genf liegen gelassen?

Wenn Routiniers ihr bestes Können auspacken

Philippe Furrer (Mitte) schiesst nach einem wunderbaren Solo den Siegtreffer in der 3. Verlängerung. (JustPictures)

HC Fribourg-Gottéron - HC Lausanne  4:1

Das Romand-Derby war knapper als das Endresultat vermuten lässt. Drei von fünf Spiele gingen in die Verlängerung, einmal sogar bis in die 3. Overtime, wo Philippe Furrer plötzlich zu Connor McDavid wurde.

Im Mittelpunkt standen im Vorfeld vor allem die Härte von Lausanne und die Goalies beider Teams. Die Waadtländer versuchten ihre Härte auszunutzen, Fribourg hielt jedoch dagegen, und schien die Löwen zähmen zu können. So blieben die Spiele zwar hart und umkämpft, es entstanden aber keine gesundheitsgefährdenden Situationen.

Reto Berra knüpfte an seine Regular Season an und hielt die Freiburger einige Male im Spiel. Bei Lausanne setzte man auf Rotation und Boltshauser wie auch Stephan kamen zum Zuge. Luca Boltshauser überzeugte mehrfach und hielt fast 93% der Schüsse, die auf sein Tor kamen. Tobias Stephan andererseits war nicht ganz so sicher. Mit knapp 88% stoppte er nicht genug Schüsse um den Waadtländern die nötige Sicherheit und Ruhe zu geben.

Der Beste: Chris DiDomenico scheint seine Nerven in dieser Serie einigermassen im Griff gehabt zu haben. In 5 Spielen punktete er 11 Mal (3 Tore, 8 Assists) und war massgeblich an den Siegen der Drachen beteiligt. Vor allem im Powerplay war er sehr effizient. Im letzten Spiel schoss er zwei Tore in Überzahl und assistierte bei zwei weiteren. 

Die Enttäuschung: Lausannes Powerplay war erstaunlich ungefährlich. Aus 21 Überzahlsituationen resultierten nur 2 Tore, was nicht einmal einer Erfolgsquote von 10% entspricht. Im letzten Spiel fingen sich die Waadtländer und konnten ihre einzigen beiden Powerplay-Tore erzielen. Für einen Sieg reichte es dann aber nicht mehr.

Die Überraschung: Wer hätte gedacht, dass Philippe Furrer solche Skills besitzt! In bester Stürmermanier schoss er in der dritten Verlängerung das Siegtor. Defensiv sowieso stabil überraschte er mit seinem Rush wohl nicht nur die Gegner. Und im Interview nach dem Spiel sagte er, dass er noch Energie für mehr Verlängerungen hätte.

Talent und Glück für den Erfolg

Mit einem Shorthander konnte Denis Malgin das Game-Winning-Goal im siebten Spiel. (JustPictures)

ZSC Lions - EHC Biel  4:3

Die Serie begann mit einem Break und einer 2:0-Führung für den EHC Biel, obwohl die ZSC Lions in den ersten beiden Spielen besser spielten. Nach einigen punktuellen Umstellungen spielte das Team von Rikard Grönborg sehr defensiv und konzentrierte sich darauf, keine Tore zu kassieren. Mit zwei 1:0 Siegen ging die Rechnung gerade auf, wobei sich die Löwen bei Jakub Kovar bedanken müssen, der sie mehr als einmal in Extremis retten musste.

Auf der anderen Seite war Dmitri Shikin ein grosser Faktor, warum die Bieler sich defensiv so gut wehren konnten. 

Der Beste: Nach anfänglichen leichten Mühen steigerte sich Jakub Kovar und war von immenser Wichtigkeit für den Zürcher Schlittschuhclub. Mehrfach hielt er sie im Spiel und stahl damit einige Siege. Insbesondere in der Belle spielte er gross auf, mit einigen Big Saves verhinderte er den Bieler Ausgleich und ermöglichte es den Löwen somit, in den Halbfinal vorzustossen.

Die Enttäuschung: Maxim Noreau zog, vor allem im ersten Spiel, einige sehr schwache Momente ein. In der Folge konnte er sich etwas steigern, mit haarsträubenden Fehlpässen und Unsicherheiten in der Defensive ist er aber dennoch ein gutes Beispiel für die Tag und Nacht-Stimmung bei den Löwen.

Die Überraschung: Mike Künzle hatte in den ersten beiden Spielen einen riesigen Anteil an den beiden Siegen. Gegen seinen ehemaligen Club schien der 28-Jährige regelrecht aufzublühen und mauserte sich vom harten Checker zu einem Scharfschützen.

Das Unmögliche möglich gemacht

Sandro Aeschlimann hatte im siebten Spiel in den Schlussminuten sehr viel zu tun und verhalf dem HCD mit seinen Paraden zum Halbfinal-Einzug. (JustPictures)

SC Rapperswil-Jona Lakers - HC Davos  3:4

3:0 führten die Lakers, ein Sieg fehlte ihnen nur um in die Halbfinals zu ziehen. Vier Matchpucks, und alle wurden vom HCD abgeschmettert. Nach den ersten drei Spielen deutete alles auf einen Sweep der St. Galler hin, vor allem Spiel 2 und 3 hatten sie souverän gewonnen (1:4 und 4:0). Bis zu diesem Zeitpunkt fiel der HC Davos vor allem mit zwei unfairen Checks gegen die auffälligsten Spieler der Lakers auf. Doch plötzlich schien auf Seiten der Bündner das Feuer wieder zu brennen. Mit einem 2:0-Sieg meldeten sie sich zurück, und im wohl entscheidenden fünften Spiel konnten sie in der 2. Verlängerung den Siegtreffer erzielen. Ab da schienen die Lakers geschockt und energielos. Erschreckend anzusehen war denn auch das siebte Spiel, bis auf die letzten fünf Minuten schien kein Aufbäumen stattzufinden. 

Die Besten: Auch in dieser Serie lieferten sich die Goalies ein packendes Duell. Anfangs war Melvin Nyffeler der Bessere, in der zweiten Hälfte konnte Sandro Aeschlimann gross auftrumpfen und hielt die Siege für die Davoser fest. Im letzten Spiel mussten beide auf ihr bestes Eishockey zurückgreifen um ihre Teams im Spiel zu halten.

Die Enttäuschung: Nicht direkt eine Enttäuschung aber auffällig unauffällig war Roman Cervenka. Der Tscheche blieb eher blass und konnte nicht ganz an die Regular Season anknüpfen. Wurde von den Bündnern sehr gut unter Kontrolle gehalten.

Die Überraschung:  Die vierte Linie der Rapperswiler spielte sehr starke Playoffs und war immer wieder für Überraschungen gut. Zack Mitchell, Sandro Zangger und Gian-Marco Wetter harmonierten hervorragend und spielten die Verteidigung des HCD mehrfach schwindlig. Wetter punktete in den ersten Spielen so viel, dass er den Flammenhelm aufsetzen durfte und die Davoser Jannik Canova auf ihn ansetzten. Wegen einem krachenden Check und einem Stock ins Gesicht fiel Wetter den Rest des Spiels aus und konnte in der Folge nicht mehr an das Gezeigte anknüpfen.