EHC Basel – im Schatten des FCB zur Hockeystadt?

Diese Aussage mag gewagt klingen, denn der Eishockeyclub Basel ist auf diese Saison erst in die Swiss League aufgestiegen. Doch der Verein hat nicht nur den sportlichen Erfolg in seine Vision integriert. Das grosse Ziel ist die Erweckung des Grossraums Basel aus dem Eishockey-Dornröschenschlaf und eine neue Fankultur mit Begeisterung für Eishockey zu erschaffen. 

Diese ambitiöse Zielsetzung ist jedoch nicht nur von den sportlichen Leistungen abhängig, sondern erfordert differenziertes Marketing im Hinblick auf eine Erweiterung des Marktes und die Erschliessung neuer Zielgruppen mit Bindung zum Eishockey. Und trotzdem ist der Begriff „Hockeystadt“ nicht ganz abwegig, denn gemäss dem Basler Stadtbuch Ausgabe 2004 hatte Eishockey in dieser Gegend zeitweise den höheren Stellenwert als Fussball und zweimal konnte sogar die Vize-Schweizermeisterschaft gefeiert werden, nämlich 1946 und 1952.

Die Geschichte des Basler Eishockeys war eine wechselvolle und führte in einer Berg- und Talfahrt durch diverse Ligen von der damals 2. Liga bis in die Nationalliga A, mit unterschiedlichen Erfolgen und diversen Vereinsnamen. Der aktuelle EHC Basel, der nach dem Konkurs 2014 aus der damaligen Nachwuchsabteilung, die nicht von der Insolvenz des Profi-Vereins betroffen war, zusammen mit dem EHC Basel/Kleinhüningen entstand, muss nun in dieser Saison zunächst die Herausforderungen eines Profi-Eishockey-Betriebs meistern und sich in der Swiss League bestätigen. Zudem musste der Verein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, eine Auflage der Swiss League.

Bereicherung für die Swiss League

Mit dem EHC Basel ist jetzt wieder ein Club aus der Grossregion Basel in der zweithöchsten Liga vertreten und die Eishockey-Landkarte der Schweiz somit expandiert. Mit der 2002 eingeweihten St. Jakob-Arena erhält die Swiss League eine fast schon National League taugliche Spielstätte mit der zweithöchsten Zuschauer-Kapazität von 6612 Fans. Die Auslastung in der aktuellen Saison mit knapp 1500 Fans pro Spiel bedeutet zwar eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr in der MySports League, ist aber in Anbetracht der Bevölkerungszahl der Region noch immer enttäuschend. Man müsste meinen, dass zu den durchschnittlich 22’000 Fussball Fans, die pro Match ins Stadion „nebenan“ pilgern, zusätzlich noch weitere Sportinteressierte in dieser dynamischen Wirtschaftsregion existieren, die man für den Eishockey-Sport begeistern könnte.

Die Eishalle St. Jakobs-Arena fasst 6612 Zuschauer (Jugend, Familie und Sport des Erziehungsdepartements des Kantons Basel-Stadt / www.jfs.bs.ch)

Wie stehen die sportlichen Chancen?

Wie sieht es aber sportlich für den EHC Basel aus? Nach einem durchzogenen Saisonstart befindet man sich immer noch auf dem achten und somit letzten Playoff-Platz, mit 6 Punkten Rückstand (aber einem Spiel weniger) auf das Trio Sierre, Langenthal und Thurgau.

Schon während der letzten zwei Saisons in der MySports League wurde eine Mannschaft aufgebaut, die auch in der Swiss League konkurrenzfähig ist, auch wenn es noch nicht für einen Spitzenplatz reicht. Für dieses Unterfangen konnte Christian Weber gewonnen werden, der 2020 das Traineramt übernahm und die Swiss League bereits ausgezeichnet von früheren Trainerposten bei den GCK Lions, dem HC Thurgau und als Sportdirektor bei La Chaux-de-Fonds kennt. Zusätzlich verfügt er auch über National League-Erfahrung von seinen bisherigen Trainerstationen bei den ZSC Lions, Langnau und den Rapperswil-Lakers. Er war ein wichtiges Puzzleteil beim erfolgreichen Aufstieg. 

An der Bande des EHC Basel steht Headcoach Christian Weber (JustPictures)

Dieses Aufstiegsteam, das mehrheitlich übernommen wurde, hat seine Qualitäten in den Aufstiegsspielen bereits bewiesen und wurde mit weiteren Spielern aus der Swiss League verstärkt: Der junge Verteidiger Mike Wyniger sammelte schon vier Jahre Erfahrung beim HC Sierre, gleich viele Jahre spielte Stürmer Sandro Brügger in Visp und der Powerflügel Devin Muller verbrachte sogar schon zehn Jahre in der zweithöchsten Liga, alle bei Spitzenteams wie Chaux-de-Fonds, Ajoie und Olten. Zur Torhüter-Verstärkung konnte U-20 Nationalgoalie Andri Henauer von Bern ausgeliehen werden, der sein Talent bisher schon mit der stattlichen Safe Percentage von 0.924 bewiesen hat. Daneben hofft man natürlich, dass die erfahrenen Torjäger Diego Schwarzenbach, Alban Rexha und Patrick Zubler auch in der Swiss League weiterhin erfolgreich scoren und die jungen „Helden“ der letzten Saison Yanick Sablatnig und Zsombor Kiss sich auch in einer höheren Liga positiv entwickeln. Und last but not least bewies Sportchef Olivier Schäublin auch mit den Verpflichtungen der beiden Ausländer Jakob Stukel (Can) und Brett Supinkski (USA) ein goldenes Händchen. Während der schnelle, erst 25-jährige Stürmer Stukel (er war 2016 NHL Draft) Leader bei den erzielten Toren ist, hat Supinski auch schon 13 Punkte erspielt, obwohl er fast die Hälfte der bisherigen Saison ausgefallen war.

Zudem konnte man diesen Frühling eine wertvolle Partnerschaft mit dem SC Bern initiieren. Ein erster Erfolg dieser engen Zusammenarbeit sowohl im Profi- als auch im Nachwuchsbereich ermöglichte die oben erwähnte Ausleihe von Goalie Henauer zu Basel. Schlussendlich unterstrich der Club definitiv seine Ambitionen mit der kürzlichen Verpflichtung von Kevin Schläpfer zum Sportdirektor. Der charismatische Sissacher kehrt zu seinen geografischen Wurzeln zurück und wird ab nächster Saison ein dynamischer Botschafter des EHC Basel für die gesamte Nordwestschweizer Eishockey-Region sein.

Neue Hockey-Kultur in Basel?

Zweifellos ist der EHC Basel ein Pluspunkt für die darbende Swiss League mit ihrer unsicheren Zukunft. Aber kann ein Eishockey-Club in einer fussballverrückten Region neue Zuschauer anziehen, solange man in der unteren Tabellenhälfte ohne Chance auf einen Spitzenplatz spielt? So wie es aussieht, wird der Club vermutlich die Playoffs schaffen und zumindest dann wird ein grösseres Publikum erwartet, wie es schon in den letzten Playoffs der Fall war.  Und abgesehen vom sportlichen Erfolg: wie schafft man es, Interesse, Emotionen und Begeisterung am Standort auf neue Fans, ausserhalb des Stammpublikums, zu übertragen und danach definitiv zu verankern? Werden die Begeisterung und die Emotionen der Cluborganisation von der Region erwidert? Die Euphorie beim EHC Basel ist vorhanden, aber das ist noch keine Strategie. Wird man es schaffen, mehr Interesse zu wecken und regionale Kooperationen weiterzuentwickeln? Schliesslich existieren viele namhafte und grosse Player im Grossraum Basel.

Zumindest hat der Club von Fehlern aus der Vergangenheit gelernt und setzte auf eine mittelfristige Strategie. An erster Stelle steht die erfolgreiche und stabile Etablierung in der Swiss League. Es gilt den eingeschlagenen Pfad sorgfältig und klever weiter auszubauen, in der Hoffnung, dass in absehbarer Zeit breiteres Interesse geweckt werden kann und grössere Unterstützung aus der Region kommt. Denn, wie sagt ein Sprichwort: „Ungeduld ist ein schlechter Gärtner“, und selbst das längste Buch der Welt wurde Wort für Wort geschrieben.

Eishockeybetrieb in der Eishalle St. Jakobs-Arena (EHC Basel / ehcbasel.ch)