Genf-Servette: Doch noch ein Kandidat für die Playoffs?

Mit dem 3:4 Erfolg in Davos ist der HC Genf-Servette erneut über den Strich gesprungen und hat seine Ambitionen auf einen Playoff-Platz angedeutet. Haben die Genfer das Potential, um am Ende auf den ersten acht Plätzen vertreten zu sein?

Zu Beginn der Saison diskutieren oftmals die Hockeyexperten und natürlich die hockeybegeisterten Fans darüber, wie die Tabelle nach 50 Spielen aussehen und wer den Sprung in die Playoffs schaffen könnte. Einzelne Plätze sind dabei weniger ein Thema, es gibt meistens nur die oberen acht und die unteren vier. Zwei grössere Fragen bleiben: Erstens, wer gewinnt die Regular Season. Und zweitens, muss ein «Grosser» den Gang in die Playouts antreten?

Nach oben war man sich relativ schnell einig: Mannschaften wie Biel und Lausanne haben stark aufgerüstet und wären möglicherweise bereit für eine Überraschung und den Gewinn der Regular Season (was allerdings noch keineswegs heisst, dass sie Titelkandidaten sind).

Die zweite Frage war schwieriger zu beantworten und so unberechenbar, wie das Wetter im April. Genau dann, wenn die letzten Playoff-Spiele ausgetragen werden. Aber eines war klar und da waren sich viele Experten einig: Rapperswil, Ambri, Langnau und Genf zählten zu den Teams mit dem grössten Playout-Potential.

Nun, wie kommt der Schreiberling in diesem Artikel auf Genf? Erstens muss gesagt werden und dessen sind wir uns alle bewusst, lässt die momentane Tabellenlage wenig Aufschlüsse darüber zu, wer am Ende auf den ersten acht Plätzen vertreten ist. Zweitens hätten die hochbegabten Experten, welche auf die oben beschriebenen Playout-Teams gesetzt hatten, momentan eine rabenschwarze Quote von 25 %.

Kann der Captain Noah Rod seine Mannschaft in die Playoffs führen? (TOPpictures/Sergio Brunetti)

Genf ist bezeichnend für die Ausgeglichenheit der Liga in dieser Saison: Sie sind ständig zwischen Platz 10 und 6 platziert und reihen Siege und Niederlagen oftmals aneinander. Mittlerweile auf dem sechsten Platz liegend, haben sie immer noch gute Aussichten auf einen Playoff-Platz. Weshalb kann Genf diese Saison so gut mithalten und ein ernsthafter Kandidat für die Playoffs werden?

Genf zuhause extrem stark

Ein Grund für die gute Platzierung der Grenats ist ihre Heimstärke. Sieben Spiele lang blieben sie zum Saisonstart in der heimischen Les Vernets-Halle ungeschlagen. Auf der anderen Seite mussten sie acht Spiele lang auf den ersten Auswärtspunkt warten. Doch wer zuhause so stark aufspielt, hat auf jeden Fall das Potential für die Playoffs. In der Heimtabelle besetzen sie punktgleich, aber mit zwei Spielen mehr, den zweiten Platz hinter Bern. In fünf der letzten sechs Spiele durften die Fans mit einem Lächeln nach Hause gehen.

Sowohl Heimsiege als auch Auswärtssiege werden jeweils nur mit drei Punkten belohnt, doch mit Erfolgen in der eigenen Halle stärkt man das eigene Publikum. Dies überträgt sich in die Köpfe der Spieler. Als Gegenbeispiel kann man den HC Davos betrachten. Die Spieler setzen sich mit dem Wissen, in der eigenen Arena endlich Punkte einfahren zu müssen, selbst unter Druck. Sie spielen verkrampft, machen Fehler und verlieren weiter an Selbstvertrauen. In der Heimtabelle liegt einzig Langnau an Stelle Luganos im Vergleich zur normalen Tabelle unter dem Strich.

Screenshot: sihf

Wenn die Ausländer fit sind, dann...

Die Genfer haben in dieser Saison viel mit Verletzungen zu kämpfen. Vor allem die unter Vertrag genommenen Importspieler hat es öfters getroffen. So fiel Tommy Wingels gleich nach dem ersten Spiel mit einem Kieferbruch aus und für Lance Bouma war die Saison nach drei Spielen beendet. Auch die beiden letztjährigen Verteidiger Henrik Tömmernes und Johan Fransson hat es bereits erwischt, ersterer ist mittlerweile aber wieder fit. Die während der Saison verpflichteten Daniel Winnik und Jack Skille mussten in einigen Spielen ebenfalls schon verletzungsbedingt pausieren. Im gestrigen Spiel gegen Davos fiel der siebte (!) Ausländer Eric Martensson verletzt aus.

Zählt man die Einsätze aller Genfer Ausländer in dieser Saison zusammen, kommt man auf 104. Bei 32 Spielen und vier Ausländern pro Partie wären 128 Einsätze möglich gewesen. Das heisst also, dass 24 Ausländerpositionen nicht besetzt werden konnten. Im Schnitt macht das (sehr) grob gerechnet fast einen Ausländer pro Spiel aus oder praktisch ausgedrückt: Genf spielte in 24 Spielen nur mit drei Ausländern.

Mit sieben Ausländern im Kader - woher das Kapital kommt, wissen nicht viele - hat Chris McSorley viele Möglichkeiten, um die besten vier auf den Platz zu stellen. Daniel Winnik und Tommy Wingels haben das Potential, die Genfer in die Playoffs zu schiessen. Und mit einem Henrik Tömmernes verfügen sie über einen starken Marathonmann in der Defensive.

Henrik Tömmernes ist mit über 23 Minuten pro Spiel der meisteingesetzte Spieler der Liga. (TOPpictures/Andy Buettiker)

Ein Blick in die Statistik zeigt: Nur 17.65 % der Tore wurden von den Ausländern erzielt. Das hat natürlich auch etwas mit den Ausfällen zu tun. Im Vergleich zu Langnau (48.15 %) hat der Wert aber bestimmt noch Verbesserungspotential.

Bullystärke und Descloux als weitere Faktoren

Es gibt weitere Faktoren, welche Genf zu einem gefährlichen Team machen. Sie sind gross und spielen seit der Rückkehr von Bandengeneral McSorley wieder härter. Genf hat durchschnittlich die grösste und schwerste Mannschaft der Liga. Wenn es hart auf hart geht wie das in den Playoffs der Fall ist, sind sie ein extrem unangenehmer Gegner. Zudem kennen sie die Playoffs: Seit der Saison 2011/12 spielten sie nicht mehr um den Abstieg.

Sie gewinnen 54.28 % der Bullys, was sicherlich auch etwas mit ihrer Grössendominanz zu tun hat. Nur Fribourg entscheidet mehr Bullys für sich (55.23 %). Mit der neuen Bullyregel werden die Bullyspezialisten wie Tanner Richard, Kevin Romy und Cody Almond noch mehr forciert.

Dass sich Gauthier Descloux weiterhin hervorragend entwickelt, spielt natürlich ebenfalls in die Karten der Genfer. Der 22-jährige Schlussmann ist besser als sein «Vorgänger» Robert Meyer. Er ist hungriger, flinker und wendiger. Und er ist sieben Jahre jünger als sein direkter Konkurrent. Die Erfahrung kompensiert er mit der Unberechenbarkeit eines jungen Welpen. Im Kampf um die Playoffs ein entscheidender Trumpf: Mayer kann die Playoffs nur verpassen, Descloux kann sie nur erreichen.

Bei Gauthier Descloux sieht es nicht immer sehr konventionell aus. (TOPpictures/Andy Buettiker)

Es wäre demnach keine Überraschung, falls Genf die Playoffs tatsächlich erreichen würde. Mit McSorley an der Bande sind die Westschweizer ohnehin direkt stärker einzuschätzen. Aber wer weiss jetzt schon, wie die Tabelle in zwei Monaten aussehen wird.