Projekt Ticino Rockets - Wie soll es weitergehen?

Der HC Biasca Ticino Rockets hat seit dem Bestehen in der Swiss League keine Sprünge gemacht und Jahr für Jahr mehr an Substanz verloren. Ab der nächsten Saison ist ein Abstieg möglich. Wie soll dieser nur verhindert werden?

Es wird eine lange Saisonanalyse geben für den HC Biasca Ticino Rockets. Nur 14 Punkte haben die Tessiner in 44 Partien gesammelt. Alleine sechs Punkte stammen aus den ersten drei Partien, wo sich die gegnerischen Mitspieler grösstenteils noch nicht richtig gefunden oder noch das harte Sommertraining in den Beinen gespürt haben. In diesem Jahr sind dann nur noch zwei Punkte dazugekommen. Damit hat man die Saison abgeschlagen auf dem letzten Platz beendet.

Für die Ticino Rockets wäre eine Playoff-Qualifikation ein riesiger Erfolg. Doch das ist gar nicht das Ziel der Organisation. Seit der Saison 2016/17 bestreiten sie als Farmteam von Ambri und Lugano die Spiele in der Swiss League. Das Bestreben dahinter ist, Nachwuchstalente aus dem Tessin langsam an die höchste Liga heranzuführen. Dabei darf nicht vergessen werden, das der Klub unter dem Namen HC Chiasso/Biasca aus eigener Kraft den Aufstieg in die zweithöchste Eishockey Liga geschafft hat. Um in der zweithöchsten Liga ohne die Hilfe Ambris und Luganos zu überleben, hätte es aber finanziell und wirtschaftlich nie gereicht.

Im Sommer stieg dann auch noch der HC Davos ins Projekt ein. Die Bündner haben bekanntlich eine sehr starke Jugendabteilung. Mit der Integration einiger Bündner Nachwuchsspieler soll der Konkurrenzdruck in Biasca erhöht werden, da hoffnungsvolle Tessiner Eigenprodukte momentan eine Rarität sind. Natürlich sollte damit auch die Konkurrenzfähigkeit gesteigert werden.

Insgesamt 51 unterschiedliche Spieler kamen bei den Rockets zum Einsatz. (TOPpictures/Sergio Brunetti)

Funktioniert hat es nicht. Es war die schlechteste aller drei bisherigen Spielzeiten in der zweithöchsten Liga. Auf eine überraschend gute, erste Saison mit dem Abschliessen auf dem zweitletzten Platz folgte eine enttäuschende zweite Saison. In dieser kam man wieder auf den Boden der Realität, das Tessiner Farmteam kann noch nicht mit den zwei grössten Farmteam-Organisationen der Schweiz, den GCK Lions oder der EVZ Academy, mithalten. Doch selbst die schlechte zweite Saison wurde noch einmal deutlich untertroffen. Wie soll es dann in der nächsten Saison weitergehen? Denn dann ist ein Abstieg möglich.

Die Zukunft ist offen - Ambri und Lugano sind sich uneinig

Wie die Zukunft der Rockets aussieht, wird vermutlich erst nach Saisonende der National League Klubs besprochen. Dabei sollen sich aber selbst Ambri und Lugano uneinig sein, wie verschiedene Tessiner Medien berichten. Vor allem in der Ausländerfrage ist man bisher auf keinen grünen Zweig gekommen. Ambris Sportchef Paolo Duca ist der Meinung, dass «ein oder zwei Ausländer der Mannschaft sicher helfen würden. Doch es ist natürlich alles eine Frage des Budgets.» Die Rockets haben logischerweise ein sehr kleines Budget. Alleine können sie sich die Ausländer kaum leisten. Sie müssten von Ambri und Lugano zur Verfügung gestellt werden.

Der Sportchef des HC Lugano, Roland Habisreutinger, ist im Bezug auf die Ausländerfrage aber anderer Meinung. Er spricht von einer gelungener Saison und will nicht, dass die Ausländer 30 Minuten auf dem Eis stehen und den jungen Spielern die Eiszeit wegnehmen. Eine Ansicht, die schwer zu verstehen ist. Wie sollen sich junge Spieler entwickeln, wenn sie praktisch jedes Spiel «auf den Grind»bekommen? Und dann nicht nur immer mit ein, zwei Toren Unterschied, sondern teilweise 0:7, 0:6, 1:8, 0:8, 1:12, 0:9 usw. Die Entwicklung eines Spielers kommt meist mit dessen Erfolg. Fällt der Erfolg des Teams aus, verlangsamt sich auch dessen Entwicklung und somit die der einzelnen Spieler.

Viel zu jubeln gab es für das Team von Jan Cadieux in dieser Saison nicht. (TOPpictures/Sergio Brunetti)

Wie soll Trainer Jan Cadieux seine Jungs vor den Spieltagen jeweils motivieren? «Come on, Guys. Solange wir nicht zweistellig verlieren, ist es nicht schlecht.» Und nach einer 1:12 Klatsche erst? «Kein Ding, Jungs. Das nächste Mal verlieren wir nur noch 0:6.» Cadieux wird in der nächsten Saison wohl kaum mehr an der Bande der Rockets stehen. Er will sich eine grössere Aufgabe suchen. Momentan gibt es aber kaum eine grössere Aufgabe, als die Rockets einigermassen konkurrenzfähig zu machen. Dazu wären zwei mindestens durchschnittliche Ausländer wohl unumgänglich.

Die einzigen Erfolge der Rockets sind in Ambri und Lugano

Nur schlecht reden darf man die Arbeit der Ticino Rockets trotzdem nicht. Sie leisten eigentlich eine hervorragende Arbeit. Als Farmteam spüren sie die Erfolge aber oftmals nicht am eigenen Leibe. Sie sind ein Zwischenschritt für Elite A Junioren, die den Sprung nicht direkt in die erste Mannschaft schaffen. Die Spieler werden dem Klub dankbar sein. Viel mehr als ein feuchter Händedruck und ein «Vielen Dank für die Chance» wird es allerdings kaum geben.

Mittlerweile haben sich zwölf Spieler in der National League etabliert, die zuvor bei den Rockets aufgelaufen sind. Es ist also mehr als eine halbe Mannschaft: Isacco Dotti, Christian Pinana, Misha Moor, Patrick Incir, Noele Trisconi, Tommaso Goi, Elia Mazzolini und Dario Rohrbach gehören bei Ambri, Stefan Müller, Elia Riva, Matteo Romanenghi und Loic Vedova bei Lugano zumindest ins erweiterte Kader.

Um auch in Zukunft solche nachhaltigen Erfolge feiern zu können, müssen die Verantwortlichen alle am selben Strick ziehen. Sie müssen sich vor allem in der Ausländerfrage einig werden. Momentan weiss aber weder Mehrheitsaktionär Ambri, noch Lugano, Davos oder Biasca selbst, wie es in Zukunft mit dem Team weitergehen soll.