Weshalb ein Salary Cap für die ZSC Lions gar nicht so schlecht wäre

Die Lohndiskussion wird auch in Zukunft wieder verstärkt ins Zentrum des Geschehens rücken. Dass ein Salary Cap keine allzu schlechte Idee wäre, kann am Beispiel der ZSC Lions gezeigt werden.

Im November wurde über eine Ausländer-Revolution abgestimmt. Das Ziel dabei war, die Löhne der Schweizer Spieler zu senken. Viel Anklang fand der Vorschlag nicht, doch die Lohndebatte bleibt weiterhin in den Köpfen der Liga.

Vor Kurzem hat erst gerade ein hochdekorierter Eishockeyklub mit der auf dem Papier besten Mannschaft seine Playoff-Zelte abbrechen müssen. Genauer gesagt, wurden sie nicht einmal aufgestellt. Die ZSC Lions haben seit Jahren eines der grössten Budgets der Liga. Jahr für Jahr «verstärken» sie sich mit hochkarätigen Namen. Im Sommer kommen Dominik Diem und Marco Pedretti von Biel, Dario Trutmann und Axel Simic von Lausanne. Zudem werden Yannick Brüschweiler und Justin Sigrist ein fixer Bestandteil der Mannschaft sein. Dafür gibt man vier Spieler ab, die einst im eigenen Nachwuchs ausgebildet worden sind.

Marco Pedretti hat eine unterdurchschnitlliche Saison hinter sich, zuvor aber zweimal über 25 Punkte gesammelt. (TOPpictures/Andy Buettiker)

Hierarchie und Rollenverteilung innerhalb der Mannschaft

Diese Transferpolitik ist natürlich ziemlich fragwürdig. Man gibt die eigenen Nachwuchsspieler, die mittlerweile den Sprung in die erste Mannschaft geschafft haben, her und verstärkt sich mit renommierten Spielern wie Pedretti und Diem. Das Problem durch die Zuzüge der aktuellen Bieler ist dasselbe wie im Sommer. Ein Kader mit lauter Talenten kann fast nicht erfolgreich sein, auch wenn dies alle denken.

Ueli Schwarz, Eishockeyexperte bei MySports, hat es treffend gesagt. Wenn ein Team 20 äusserst talentierte Spieler in den eigenen Reihen hat, dann kommt schnell einmal der Gedanke auf: «Wenn ich es heute nicht mache, dann macht es Person A. Wenn es ihm nicht läuft, gibt es immer noch Person B, usw.» Die Rollenverteilung innerhalb der Mannschaft ist nicht deutlich. Teams mit weniger Mitteln wie Ambri und Langnau wissen ganz genau, dass sie mit Kampf und Rollenverteilung das fehlende Talent kompensieren müssen. Beide Dorfklubs leben grösstenteils von einer Linie, dahinter gibt es eine zweite Linie, die ebenfalls skoren kann. Die dritte und vierte Linie stechen aber nicht durch ihre offensiven «Skills» heraus. Sie sind mehr die Arbeiter, die dem Gegner am Leibchen kleben und sie so aus dem Spiel zu nehmen versuchen. Selbst der EV Zug hat noch einige Arbeiter oder Bösewichte im Kader. Fabian Schnyder ist zwar nur ein Viertlinienspieler, aber trotzdem so wertvoll wie ein Lino Martschini in der ersten oder zweiten Linie. Johan Morant ist kein Künstler auf dem Feld. Er hat in acht Spielzeiten in der National League noch nie zehn Punkte gesammelt. Genau diese Leute fehlen den Zürchern.

Undurchsichtige Transfer - Beispiel Pestoni

Und nun kommt das Problem des Geldes. Mit einem vollen Kontostand werden Sportchef, Präsident und möglicherweise sogar der Besitzer in die Verlockung getrieben: «Ja, wenn es einen Spieler mit über 20 Punkten pro Saison und auslaufendem Vertrag gibt, dann müssen wir diesen unbedingt verpflichten. Damit können wir unsere hinteren Reihen verstärken.» Beim neuen Klub muss der Spieler aber eine total andere Rolle einnehmen und kann somit gar nicht sein Potential ausschöpfen.

Jan Alston, Sportchef das Lausanne HC, hat praktisch bei jedem grösseren Namen seine Finger im Spiel. ()

Ein unlimitiertes Budget verlockt die Sportchefs also schnell einmal zu einem undurchsichtigen Transfer. Was will zum Beispiel ein Inti Pestoni in der kommenden Saison in Bern? Sportchef Alex Chatelain weiss doch, dass er bereits 14 Stürmer im Kader hat und sich eher auf der Centerposition hätte verstärken müssen, wenn es Gaetan Haas in die NHL zieht. Zudem soll ja noch Vincent Praplan auf dem Anflug sein. Und die eigenen Junioren will man auch noch einbauen!

Für die Top Six oder sogar die Top 9 wird es Pestoni wohl kaum reichen. Soll er, der kleine Stürmer mit den feinen Händen, also ernsthaft in einer Defensivlinie auflaufen? Ein Verzweiflungstransfer, weil die Berner sonst noch keine grossen Namen verpflichten konnten. Und wenn es das Budget zulässt, dann kann man sich einen Floptransfer im Vergleich zur Konkurrenz mit weniger Geld ohne Probleme erlauben. Falls Pestoni nicht einschlägt, kann man ihn während der Saison vermutlich immer noch an Ambri ausleihen.

Salary Cap - Erst dann kämen die wahren Qualitäten der Sportchefs zum Vorschein

Hätte der SC Bern tatsächlich Pestoni verpflichtet, wenn es einen vernünftigen Salary Cap gegeben hätte? Vermutlich nicht, nein. Er wäre zu Ambri zurückgekehrt, die eine klare Rolle für ihn vorgesehen hätten. Das gleiche gilt bei den ZSC Lions. Für welche Aufgaben wurden Diem und Pedretti verpflichtet? Um die vierte Linie zu verstärken? Wer soll dann bei einem Bully in der eigenen Zone aufs Feld geschickt werden? Die offensiv brillante Linie um Roman Cervenka, Roman Wick und Fredrik Pettersson? Wohl kaum.

Gäbe es eine Lohneinschränkung, dann hätte man billigere Spieler verpflichten müssen. Und das sind meist die Arbeiter. Arbeiter, die eine klare Anweisung auf dem Feld haben und an erster Stelle nicht fürs Toreschiessen bezahlt werden. Chris Baltisberger und Reto Schäppi wären normalerweise solche Arbeiter, doch beide haben eine unterdurchschnittliche Saison hinter sich. Alle anderen werden eher als Schönwetterspieler beurteilt. Klar braucht es diese auch, aber in einem vernünftigen Masse.

Reto Schäppi hat seine schlechteste Saison seit Jahren hinter sich. (TOPpictures/Andy Buettiker)

Mit beschränkten Mitteln würde der Markt viel konkreter abgesucht werden. Wenn den Zürchern ein Leader fehlt, würde ein Leader verpflichtet werden. Wenn sie einen Spieler mit Wasserverdrängung suchen, dann würde in diesen investiert werden. Und wenn sie einen Defensivstürmer benötigen, dann würde - genau, nicht ein Spieler mit 20 Punkten pro Saison verpflichtet werden.

Mittlerweile müsste das auch Sven Leuenberger eingesehen haben. Es sind nicht nur immer die Spieler mit den grossen Namen, die den Unterschied ausmachen. In einem Teamsport gehören auch die Spieler mit einem geringeren Ruf dazu. Dario Trutmann könnte sich zum Beispiel noch als sehr schlauer Transfer herausstellen. Seine Rolle wird nämlich klar sein. Er soll Tore verhindern.

Mit einem Salary Cap gäbe es möglicherweise eine Rückkehr zur Vernunft und zum Verstand, die Versuchung und Verlockung des Geldes würde wieder etwas verloren gehen. Die Sportchefs wären umso mehr gefordert und würden ihre Qualitäten erst dann so richtig zeigen können. Mit einem unlimitierten Budget ist es nämlich keine Kunst, grosse Namen zu verpflichten, mit beschränkten Mitteln hingegen schon.