Nach Mark French: Welcher Trainer muss als nächstes den Koffer packen?

Am Samstag wurde mit Mark French der erste Trainer in dieser Saison beurlaubt. Normalerweise wird er nicht der einzige sein. Welchen Trainer der National League könnte es als nächstes treffen?

Seit der Saison 2000/01 mussten immer mindestens zwei Trainer die Koffer packen. Der Höhepunkt wurde vor zwei Jahren erreicht, als satte sieben Trainerwechsel stattgefunden hatten. Seither scheint die Vernunft bei den Klubverantwortlichen wieder eine etwas grössere Rolle eingenommen zu haben. In der letzten Saison wurden mit Arno Del Curto in Davos und Serge Aubin in Zürich nur zwei Trainer während der Saison ausgetauscht, der zweittiefste Wert seit sieben Jahren. Wirft man nun einen Blick auf die aktuelle Trainersituation, ist es schwierig vorauszusagen, wen es nach Mark French als nächstes trifft.

Die Trainer der vermeintlichen «Playout-Klubs» sitzen fest im Sattel

In Ambri und Langnau sitzen Luca Cereda beziehungsweise Heinz Ehlers nach der überraschenden Playoff-Qualifikation im letzten Frühling so fest im Sattel wie kaum ein Trainer je an ihrer Stelle zuvor. Die beiden Mannschaften mit den kleinsten Budgets der Liga können sich einen Trainerwechsel gar nicht mehr leisten. Vor allem in Ambri, wo trotz der starken Saison bis zum Einzug ins neue Stadion in jeder Saison das Ziel Ligaerhalt ausgegeben wird, ist das Vertrauen an Cereda praktisch unzerreissbar, da er selbst aus der Leventina stammt, für Ambri gespielt hat und somit als «einer von ihnen» angesehen wird.

Zu den finanzschwächeren Teams zählen auch die Rapperswil-Jona Lakers. Auch dort wird nicht an Jeff Tomlinson gerüttelt. Vor allem nach dem starken Saisonstart wird man am Aufstiegstrainer festhalten. Solange sich die Lakers einigermassen im Geschehen um den ominösen Strich halten können, zählt dies als Erfolg und es gibt keinen Grund zur Diskussion.

Vier Trainerwechsel im Sommer

Während der Sommerpause wurde bei vier Klubs der Trainerposten neu besetzt, ohne irgendwelche zusätzliche Kosten. Die Verträge von Arno Del Curto in Zürich, Greg Ireland in Lugano und Haris Witolinsch in Davos liefen aus. Chris McSorley ist zwar trotz langfristigem  Vertrag nicht mehr Trainer in Genf, er nimmt nur noch das Amt des Sportchefs wahr. 

In Davos und Genf sind die neuen Trainer Christian Wohlwend und Patrick Emond kaum in Gefahr. Beide haben mit ihren Teams einen relativ erfolgreichen Start hinter sich, obwohl bei beiden Vereinen ein langfristiger Umbruch stattfindet. In Davos beginnt nach 22 Jahren Arno Del Curto eine neue Ära. Wohlwend wird sicherlich genügend Zeit erhalten, um seine Spielphilosophie einzuüben.

Nach Punkten pro Spiel steht Christian Wohlwends Davos auf dem zweiten Platz. (JustPictures)

In Genf gilt Ähnliches. Die Genfer haben einen neuen Weg eingeschlagen und wollen in Zukunft ein Ausbildungsklub sein. Mit dem langjährigen und erfolgreichen Juniorentrainer Emond haben sie dementsprechend den Trainerposten besetzt. Er soll die vielen jungen Talente, die er bereits aus dem Nachwuchs kennt, weiter fördern. Das Verpassen der Playoffs wäre sowohl in Genf als auch in Davos in dieser Saison keine grosse Schande, weshalb die Trainer sicherlich nicht zur Diskussion stehen werden.

Erstaunlicherweise hat auch der HC Lugano in den letzten Jahren mehr mit Verstand gehandelt als mit Geld um sich geworfen. Die Südtessiner wollen nicht mehr nur teure Spieler verpflichten, sondern solche, die sich mit dem Klub identifizieren wollen. Es wurde - von aussen weniger ersichtlich - ebenfalls eine neue Ära eingeleitet. Hnat Domenichelli sitzt neu im Büro des Sportchefs und Sami Kapanen besetzt neuerdings die Trainerbank. Der Finne wird in seiner Heimat hoch angesehen und galt als regelrechter Coup für Lugano. Er wird sicherlich auch seine Zeit benötigen, um seinen neuen, vom Disziplin-Hockey Irelands traumatisierten Schützlingen sein schnelles Offensiv-Hockey beizubringen.

Auch bei den ZSC Lions gibt es momentan keinen Grund zur Diskussion. Das wahrlich bescheidene Saisonziel für die Zürcher heisst Playoff-Qualifikation. Und mit diesem erstklassigen Kader würde wohl selbst der Materialwart an der Bande das Ziel erreichen. Da der Materialwart aber leider nicht im Besitz eines Trainerausweises ist, sah sich Sportchef Sven Leuenberger gezwungen, doch noch einen lizenzberechtigten Trainer zu verpflichten. Rikard Grönborg sollte dieser heissen, ein Schwede mit prächtigem Bartwuchs, damit die Spieler auch ausnahmsweise zuhören.

Und tatsächlichen, Leuenbergers Taktik geht bis anhin vollkommen auf. Der Materialwart macht seinen Job weiterhin hervorragend, stünde im schlimmsten Fall aber immer noch bereit, an der Bande zu übernehmen. Vermutlich wird es aber gar nicht soweit kommen, denn Grönborg hat seine Spieler wieder richtig heiss gemacht. Zum ersten Mal seit zwei Jahren scheint es ruhig geworden zu sein um das Hallenstadion. Ein Trainer, der nach elf Spielen auf dem ersten Platz thront, obwohl das Ziel ja nur Playoff-Qualifikation heisst, und zusätzlich den Fans noch Freude bereitet, der kann gar nicht zur Diskussion stehen.

Bern will verlängern, Zug muss erst in den Playoffs

Bei den Teams mit Titelambitionen wird es natürlich etwas spannender. Der SC Bern ist momentan der einzige Klub aus den Big Four, der in dieser Spielzeit auch weiterhin seine Meisterambitionen hat. Trotz des mittelmässig geglückten Saisonstart wird nicht an Trainer Kari Jalonen gerüttelt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Bern will vorzeitig mit dem zweifachen Meistertrainer verlängern, was das Vertrauen in den Finnen zeigt.

Ebenfalls klare Meisterambitionen hat der EV Zug. Wie auch in Bern hätte man sich in Zug einen besseren Saisonstart gewünscht. Doch grundsätzlich spielt es bei den Innerschweizern keine Rolle, auf welchem Platz sie die Qualifikation beenden, solange sie die Playoffs (problemlos) erreichen. Erst dann wird gefordert. Dan Tangnes wird bis im März Zeit haben, Leonardo Genoni, Gregory Hofmann und Co. seine Mentalität beizubringen. Auch Tangnes ist also unbestritten.

Das Wort Meistertitel wird beim EHC Biel noch nicht in den Mund genommen. Und trotzdem sind die Erwartungen nach zwei Playoff-Halbfinals gestiegen. Unter Antti Törmänen hat sich Biel zu einer Spitzenmannschaft entwickelt, welche jeden Gegner schlagen kann. Trotz vielen verletzungsbedingten Ausfällen hält sich Biel weiterhin an der Spitze, was wiederum für eine gefestigte Mannschaft spricht. Törmänen als Trainer gehört mittlerweile zu Biel und wird deshalb kaum ein Thema sein. Sein Vertrag wurde während der letzten Saison auch vorzeitig verlängert.

Seit ein paar Jahren ist beim Lausanne HC klar, dass man mit dem Einzug ins neue Stadion eine potentielle Meistermannschaft beisammen haben will. Dafür hat Präsident Ken Stickney das Portemonnaie unlimitiert geöffnet. Vor zwei Wochen wurde das erste Spiel im neuen Lausanner Zuhause bestritten, womit nun die Ambitionen in Stein gemeisselt sind. 

Das Potential ist in Lausanne, wo sich Sieges- und Niederlagenserien in den letzten Jahren immer wieder abgewechselt haben, grundsätzlich vorhanden. Nur ist Erfolg alleine nicht kaufbar. Ville Peltonen ist definitiv gefordert, um aus seinem Starensemble eine Einheit zu bilden. Sicherlich keine leichte Aufgabe, denn jeder will seine Spielzeit erhalten und natürlich auch auf seiner Lieblingsposition spielen, was momentan mit fünf ausgezeichneten Centern schwierig ist. 

Momentan sitzen die restlichen elf Trainer eigentlich relativ sicher im Sattel. Müsste man einen Tipp abgeben, dann wäre wohl Lausanne bei vielen der Favorit. Präsident Stickney hat in Kloten bewiesen, dass er nicht allzu viel Geduld besitzt. Man darf gespannt sein, wer als nächstes seinen Koffer packen muss.