Saisonvorschau 2022/23: HC Lugano - Mit überragenden Ausländern auf dem Weg nach vorne?

In knapp einer Woche geht's wieder los. Die Teams befinden sich in der letzten Wochen der Vorbereitung und stehen vor den abschliessenden Testspielen. 

Nach zwei Finaleinzügen in den Jahren 2016 und 2018 schaffte es der HC Lugano in den letzten vier Spielzeiten nie mehr über den Playoff-Viertelfinal hinaus. Auch die Leistungen in der Regular Season waren abgesehen vom zweiten Platz 2021 nicht mehr allzu überzeugend. Nach einigen Trainerwechseln soll nun Chris McSorley den Verein zu altem Ruhm führen. Die mittlerweile 60-jährige Genfer Trainerlegende startet das zweite Jahr im Tessin und hat grosse Ambitionen.

 Eine Fantasy-Aufstellung des HC Lugano aufgrund der vergangenen Saison, Testspielen der Saison 2022/23 und Spekulation.

Das beste Ausländerseptett der Liga?

Diese Ambitionen wurden auf dem Ausländer-Transfermarkt unterstrichen worden. Die neu verpflichteten Ausländer sind allesamt grosse Namen. Angefangen mit Torhüter Mikko Koskinen, dessen Vertrag mit einem Gesamtwert von 13.5 Millionen Dollar nach drei Jahren ausgelaufen war. Der 34-jährige finnische Schlussmann macht alleine mit seiner Grösse von über zwei Metern bereits einen grossen Teil des Kastens dicht. Deshalb zählte er jahrelang zu den besten Keepern der KHL, bevor er vier Jahre bei den Edmonton Oilers das Tor hütete. Auch wenn er bei den Oilers zuletzt in der Kritik stand, seinen Lebenslauf können nur wenige Spieler der National League toppen.

Ebenfalls sehr viel NHL-Erfahrung hat der erst gestern verpflichtete Brett Connolly aufzuweisen. Der kräftige Flügelstürmer absolvierte über 500 Partien in der besten Liga der Welt und sammelte dabei knapp 200 Skorerpunkte. Zudem war er massgeblich am Stanley Cup-Sieg 2018 mit den Washington Capitals beteiligt. In den letzten zwei Jahren konnte er sich jedoch nicht mehr in einem NHL-Kader behaupten, trotz Gehalt von 3.5 Millionen US Dollar. Mit Koskinen und Connolly haben zwei Neuzugänge in der letzten Saison gemeinsam ungefähr so viel verdient, wie alle Spieler eines der finanzschwächeren Teams der National League zusammen.

Der dritte grosse Name mit NHL-Vergangenheit: Markus Granlund. Zwar ist der 29-jährige Finne nicht ganz so erfolgreich wie sein grosser Bruder Mikael, der bei den Nashville Predators zu den Leistungsträgern gehört, doch Eishockey spielen kann er ebenfalls recht gut. Nach über 300 Spielen in der NHL brach er seine Zelte dort ab und kehrte vor zwei Jahren zurück nach Europa. In der KHL sammelte der flexibel einsetzbare Stürmer in zwei Saisons genau einen Punkt pro Spiel. Zudem gewann er mit Finnland die Olympia-Goldmedaille. Granlund ist einer der grössten Namen, die aus der KHL in die Schweiz gestossen sind. 

Damit längst nicht genug: Oliwer Kaski heisst der einzige ausländische Verteidiger der Tessiner. Der 27-jährige Finne gehörte die letzten zwei Jahre zu den produktivsten Verteidigern der KHL. Gemessen an einem Verteidiger schiesst er im Normalfall extrem viele Tore. 

Das Ausländersextett komplettieren die bereits aus der letzten Saison bekannten Mark Arcobello und Daniel Carr. Letzterer kämpfte im vergangenen Jahr immer wieder mit Verletzungen und wird womöglich auch beim Saisonstart fehlen. Wenn er aber auf dem Eis stand, war er einer der besten Powerflügel der Liga und hatte einen extrem guten Torriecher. Arcobello hingegen ist eher der Vorbereiter, aber auch einer der besten seines Fachs. Er startet bereits in seine siebte Saison in der National League und ist damit einer der dienstältesten Importspieler der Liga. 

Mark Arcobello ist einer der produktivsten Ausländer der letzten Jahre. Kürzlich hat er seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Wird er möglicherweise zum Herbst seiner Karriere mit einer Schweizer Lizenz auflaufen? (JustPictures)

Nicht zu vergessen ist Troy Josephs, der wohl die Rolle als siebter Ausländer einnehmen wird. Der 28-jährige Kanadier hat den faden Beigeschmack, aus der Swiss League gekommen zu sein. Doch in der letzten Saison bewies er, dass er auch eine Liga höher an einem guten Abend den Unterschied ausmachen kann. Damit hat Lugano sieben sehr gute bis überragende Ausländer im Kader, mit denen nur wenige Teams der Liga mithalten können.   

Schweizer Seite etwa auf dem gleichen Niveau

Auch auf Schweizer Seite haben die Südtessiner einige namhafte Spieler verpflichtet. Marco Müller stösst als Schweizer Meister ins Tessin, Calle Andersson weiss ebenfalls, wie man Meister wird. Der 28-jährige Verteidiger hatte ein weniger gutes Jahr in Bern hinter sich und ist nun auf Wiedergutmachungskurs. Wenn er sein Selbstvertrauen wiederfindet, dann zählt er offensiv zu den besten Verteidigern der Liga. 

Müller und Andersson sind zwar überdurchschnittliche Verstärkungen, Lugano hat mit Romain Loeffel und Alessio Bertaggia aber auch zwei schmerzhafte Abgänge zu verkraften. Die Starpower auf Schweizer Seite bleibt deshalb in etwa gleich. 

Mit Jeremi Gerber und Stéphane Patry wurden aber zusätzlich zwei potentielle zukünftige Starspieler unter Vertrag genommen. Die beiden 22-jährigen Stürmer zählen zu den talentiertesten Schweizern ihres Jahrganges und versuchen sich nun erstmals ausserhalb ihres Jugendvereins. Dazu startet der 21-jährige Yves Stoffel, der einige interessante Ansätze zeigte, in seine zweite Saison. Aus dem eigenen Nachwuchs gibt es mit den Verteidigern Nicolo Ugazzi, Alessandro Villa und Jari Näser sowie Stürmer Riccardo Werder ebenfalls einige vielversprechende Spieler, die im Falle von mehreren Verletzungen in der National League zum Zuge kommen werden. 

HockeyInfos Prognose

Praktisch alle Mannschaften haben sich mit der Erhöhung der Ausländeranzahl gut verstärkt. Doch auf dem Papier hat der HC Lugano wohl am meisten davon profitiert. Man kann durchaus darüber streiten, ob sie die besten Ausländer der Liga haben. Auf Schweizer Spielerseite sind sie verhältnismässig zwar etwas weniger gut besetzt, mit Calvin Thürkauf, Mirco Müller und Santeri Alatalo haben sie doch drei gestandene Nationalspieler im Kader. Dazu sind Luca Fazzini, Marco Müller und Elia Riva drei weitere noch eher junge Spieler im erweiterten Kreise der Nationalmannschaft zu finden. Sportchef Hnat Domenichelli hat seinem Trainer Chris McSorley einen sehr breiten Kader mit individuell viel spielerischer Klasse zusammengestellt. Jetzt liegt es am Trainer, etwas daraus zu machen und die Regular Season besser abzuschliessen, als mit dem letztjährigen neunten Platz.

Deshalb sagt HockeyInfo: direkte Playoff-Qualifikation