Saisonvorschau 2022/23: Lausanne HC - Eine zusammengewürfelte Mannschaft ohne klare Richtung

In dieser Woche startet die National League in die Eishockey-Saison 2022/23. Das Sommerloch ist überbrückt und die unbedeutenden Testspiele Geschichte. HockeyInfo wirft einen Blick auf die 14 Teams der National League. Heute im Fokus: Lausanne HC

Spätestens seit dem Einzug in die neue Vaudoise Arena im Jahr 2019 will der Lausanne HC an die Spitze der National League und im Rennen um den Meistertitel ein Wörtchen mitreden. Dafür wurde in den letzten Transfersommern jeweils extrem viel Geld für die Mannschaft locker gemacht. Doch seit dem Wiederaufstieg 2013 reichte es nur einmal in den Playoff-Halbfinal. In der letzten Saison schaffte man es sogar nur über die Pre-Playoffs in die Playoffs. 

 Eine Fantasy-Aufstellung des Lausanne HC aufgrund der vergangenen Saison, Testspielen der Saison 2022/23 und Spekulation.

Harter Konkurrenzkampf

Einmal mehr hat der Lausanne HC eine wilde Transferperiode hinter sich, die vermutlich noch gar nicht beendet ist. Ohne die alle in diesem Sommer getätigten vorzeitigen Vertragsauflösungen von Benjamin Baumgartner, Mark Barberio, Michael Frolik und Fabio Arnold sowie dem Wechsel von Theo Rochette zurück in die kanadische Juniorenliga hätten die Waadtländer durchaus über eine zweite Mannschaft nachdenken können. Denn aktuell befinden sich, inklusive einiger talentierter Junioren, über 20 Stürmer im Kader, die Vertragsauflösungen sind jedoch nicht miteinberechnet. Da kann man sich durchaus die Frage stellen, wo die Strategie dahinter steckt.  

Es gibt aber tatsächlich Spieler, die wohl gerne dem Konkurrenzkampf ausgeliefert sind. Die Stürmer Michael Hügli und Marco Pedretti sowie die Verteidiger Igor Jelovac und Dario Sidler sind neu Teil des hochstehenden Lausanner Konkurrenzkampfes. Bei einem Wechsel zu einem etwas finanzschwächeren Team wäre Hügli wohl zu einem absoluten Leistungsträger geworden, doch der 26-jährige Flügelstürmer suchte seine neue Herausforderung in Lausanne. Jelovac und Pedretti sind zudem zwei Spieler für die Breite. Sidler gilt als eines der grössten Schweizer Verteidigertalente seines Jahrgangs (2003) und bräuchte dementsprechend viel Eiszeit. Ob er diese in Lausanne erhält und dementsprechend sein Wechsel sinnvoll war, ist angesichts der namhaften Konkurrenz durchaus fraglich. 

Vier Nationalspieler in der Defensive

Sidler wird auf jeden Fall hinter den Nationalspielern Lukas Frick, Andrea Glauser, Fabian Heldner und Joël Genazzi anstehen müssen. Mit vier Spielern im engen Kreise der Nationalmannschaft ist Lausanne in der Defensive so gut bestückt wie kaum eine andere Mannschaft. Jelovac und Aurélien Marti, beide über 190 cm gross und fast 100 kg schwer, ergänzen eine der nominell stärksten Abwehr mit viel Wasserverdrängung. Auch der Slowake Martin Gernat ist mit 193 cm nicht klein gewachsen, hat aber im Vergleich zu Marti und Jelovac noch deutlich bessere Hände. Mit 29 Skorerpunkten war er im letzten Jahr der neuntproduktivste Verteidiger der Liga.

Martin Gernat ist der Anführer einer ohnehin starken und produktiven Lausanner Verteidiger. (JustPictures)

Viele gute, aber nicht überragende Stürmer

Aufgrund der starken Schweizer Spieler in der Verteidigung kann sich Lausanne bei den Ausländern neben Gernat ohne grosse Sorgen auf den Sturm konzentrieren. Zu Beginn der Saison stehen bereits sechs ausländische Stürmer unter Vertrag. Mit Jiri Sekac und Cory Emmerton haben zwei Importspieler der letzten Saison bleiben dürfen. Bei Sekac ist dies kein Wunder, denn der 30-jährige Tscheche war mit 46 Torbeteiligungen der Topskorer seines Teams und auch in den Playoffs der Brandherd jeder gefährlichen Aktion. Neu zum Team gestossen sind der Schwede Robin Kovacs, der Kanadier Daniel Audette, der Finne Miikka Salomäki und der Österreicher Michael Raffl. Letzterer ist mit Abstand der grösste Name, denn der 33-jährige spielte neun Jahre lang in der NHL und sammelte dort fast 200 Skorerpunkte. Die anderen drei Neuzugänge sind zwar sicherlich gute Hockey-Spieler, angesichts der Transfer anderer Topmannschaften aber nicht überragend. Zum Beispiel hat Salomäki zwar NHL-Vergangenheit, mit nur elf Skorerpunkten in 34 Spielen in der schwedischen Liga überzeugte er zu wenig in der letzten Saison. 

Auch auf Schweizer Seite zeigt sich das Bild, dass Lausanne zwar viele gute Stürmer, aber keine absoluten Ausnahmekönner mehr in den eigenen Reihen hat. Der Abgang von Christoph Bertschy schmerzt am meisten, genauso wie diejenigen von Joel Vermin und Denis Malgin in der Vergangenheit. Damien Riat ist aktuell noch der einzige Stürmer im engeren Kreis der Schweizer Nationalmannschaft, dahinter dürfen sich einzig Jason Fuchs und Ken Jäger jeweils Hoffnungen auf eine Nomination für die Plauschturniere mit der Nati machen. Cody Almond und Ronalds Kenins hingegen sind beide über 30 Jahre alt und hatten für ihre Verhältnisse eher enttäuschende Saisons hinter sich. 

Prognose HockeyInfo

Dass das Lausanner Ausländerseptett aus sechs verschiedenen Nationen besteht und dazu noch etliche Lizenzschweizer wie Kenins, Emilijus Krakauskas und Tim Bozon zum Team gehören, ist vermutlich reiner Zufall. Und doch beschreibt es ein bisschen die Organisation der Waadtländer: Es ist eine zusammengewürfelte Mannschaft ohne klare Strategie dahinter. Die einzige erkennbare Strategie ist, möglichst viele talentierte Spieler in der Organisation zu haben. Diejenigen, welche gerade nicht gebraucht werden, werden verliehen. Grundsätzlich keine schlechte Idee wäre Lausanne in der NHL, wo jede NHL-Organisation ein Farmteam in der AHL hat. In der Schweiz funktioniert diese Strategie jedoch nur bedingt und es ist extrem schwierig, das ganze Kader bei Laune zu halten. Dementsprechend werden die bereits getätigten Vertragsauflösungen in naher Zukunft auch nicht die letzten bleiben. 

Trainer John Fust ist gefordert. Seine Vorgabe ist der Meistertitel und dafür hat er etliche hochwertige Puzzlestücke erhalten. Doch wie kann er das Puzzle lösen? Schafft er es, liegt viel drin. Schafft er es nicht, könnte das ganze Kartenhaus - und damit ist nicht nur die Mannschaft selbst gemeint - zusammenbrechen.

Deshalb sagt HockeyInfo: Qualifikation für die Pre-Playoffs